Weihnachtszeit ist die schönste Zeit heißt es doch, aber für mich ist es vor allem eines: stressig. Es fängt an mit der jährlich wiederkehrenden Diskussion mit meinen Kindern (3, 6 und 11 Jahre), warum wir im Oktober noch keine Lebkuchen kaufen. Dem folgt die Herausforderung, 72 Adventskalender-Säckchen zu befüllen, am besten mit Sinnvollem, Nachhaltigem und nicht zu Süßem. Und dann der Dezember, voll gefüllt mit Weihnachtsbasaren, Schulvorführungen, Vereins-Nikolausfeiern und Besorgungen in der Stadt, die sich bereits in eine übervolle, hektische Kaufrausch-Passage verwandelt hat. Auch der Ausblick ist nicht besser: selbst wenn wir Weihnachten gut hinbekommen, sich alle über ihre Geschenke freuen und wir den Abend harmonisch verbringen und besinnlich zur Ruhe kommen, geht es am nächsten Tag schon wieder weiter: erst zu meinen Eltern und dann zu den Schwiegereltern. Danach brauche ich vor allem eins: Ruhe! Geht das auch anders?
1Papa packt mit an
Aus führungs-psychologischer Sicht entsteht Stress häufig durch ungeklärte Rollen und Verantwortlichkeiten. Dabei ist die Lösung so einfach, nämlich wie in dem bekannten Witz: Fragt der Weihnachtsmann: „Na, wer war immer brav und hat gemacht, was Mutti gesagt hat? Kind: der Papi.“ So ist das auch bei uns. Zumindest an Weihnachten. Da hat bei uns meine Frau die Hosen an. Ich unterwerfe mich dem jedes Jahr sehr gerne, meine Frau hat ein wunderbares Gespür, wie so ein Fest das Familienleben bereichert. Liebe Artgenossen: Seid dankbar dafür, besorgt den Weihnachtsbaum, behängt ihn zusammen mit Lametta oder ohne. Und unterstützt auch sonst bei allem, so gut es geht. So wird es einfach schön. Und Weihnachten ein Fest der Familie, weil irgendwie alle mitvorbereitet haben.
2Mehr Stillstand wagen
Weihnachten ist die wichtigste Interpunktion im Jahr. Sonnenwende, Jahreswechsel, Jahresabschluss. Es gibt ein Vorher und ein Nachher – das ist eine Interpunktion. Die menschliche Psyche braucht solche Interpunktionen, um sich selber zu organisieren. Da kommt am besten alles in Langeweile zum Stillstand und man erreicht einen Nullpunkt von dem aus das neue Jahr kraftvoll neu beginnen kann. In Langeweile zum Stillstand zu kommen ist bei uns aus der Mode gekommen. Unter anderem deshalb wird alles immer verrückter. Statt Rückzug, Fasten und Stille stürzen wir uns in einen Rausch der Gier und des Konsums und andere oft gut gemeinte Aktivitäten. Nur keinen Stillstand aufkommen lassen! Am besten sollten alle Läden ab dem 1.12. nur noch das Notwendigste verkaufen oder ganz schließen. Wir sollten am besten zuhause bleiben und möglichst wenig tun. Wir sollten nur noch Altes weg- und aufräumen und auf keinen Fall irgendetwas Neues kaufen oder tun. Macht bloß keiner!
3Routine schaffen
Weihnachten ist mein Lieblingsfest – das schon mal ganz am Anfang! Kommerz von außen prallt bei mir ab, ich picke mir in dieser Zeit alles raus, was mir gefällt, alles andere ignoriere ich. Unsere Kinder bekamen auch immer 24 gefüllte Säckchen. Zum Thema was da rein soll wurde es ab der Pubertät spannend, aber auch witzig. Für meine beiden Mädchen hatte ich immer gute Geschenkideen. Aber was schenkt man einem Buben? Schon vor Schulbeginn wurde er nicht selten von seinen Freunden gefragt, was heute drin war. Über den Piratenkugelschreiber (da war er schon 17), haben sie viel gelacht und ihn beneidet. Also der Adventskalender war für meine Kinder wichtiger als die Weihnachtsgeschenke. Vielleicht haben sie gespürt, dass sich in der Zeit meine Gedanken ausschließlich um sie gedreht haben. An Weihnachten selbst gibt es bei uns immer sehr gleiche Abläufe. Ich gehe nachmittags, meistens begleitet von meinen Töchtern, in die Kirche zu Pater Clemens. Der feiert immer zusammen mit Obdachlosen. Falls das mal wegfällt, muss ich mich neu orientieren. Mann und Sohn bereiten in der Zwischenzeit zusammen das Essen vor. Der Baum wird schon vorher von den Geschwistern ge- schmückt. Dann Essen und Bescherung. Die Großeltern sind jedes Jahr reihum bei ihren Kindern. Darüber wird Buch geführt. Kaum haben wir gegessen, unsere Geschenke bestaunt, brechen wir zur Schwester meines Mannes auf. Dort trifft sich die Großfamilie. Großeltern, Kinder, Enkel und Urenkel. Alle wollen dort sein. Die Jungen genauso wie die Alten. Wir trinken Cocktails und haben bis spät in die Nacht viel Spaß. Am ersten Feiertag treffen sich dann die meisten nochmals zum Mittagessen in einem Lokal, Kaffeetrinken und dann ist der familiäre Teil von Weihnachten auch rum. Geht doch!
Titelbild: gemalt von Klara (8)