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Soll ich mein Kind tracken?

von Regensburger Eltern

Wenn Kinder selbstständig zur Schule gehen, stehen Eltern oft vor der Frage: Wie viel Kontrolle ist sinnvoll? Tracking-Apps können Sicherheit bieten, bergen jedoch Risiken für Privatsphäre, Vertrauen und Medienerziehung. Experten beleuchten, worauf es bei dieser Entscheidung ankommt.

Meine Tochter (6) ist seit diesem Jahr Schulkind und seit einigen Tagen geht sie ohne meine Begleitung, meist mit zwei Nachbarskindern, von und zur Schule. Ich freue mich, dass sie sich das zutraut und finde es einen Schritt Richtung Selbständigkeit. Natürlich mache ich mir schon auch Sorgen, ob es sicher genug ist, da sie ein Stück des Weges ganz alleine unterwegs ist. Nun hat mir eine Mutter aus der Schule empfohlen, meine Tochter zu „tracken“. So könnte ich immer sehen, wo sie sich befindet, etwa ob sie einfach nur trödelt auf dem Heimweg. Sie würden das so handhaben, und es sei eine Beruhigung für die Eltern. Außerdem würden sie dadurch auch ihrem Kind ein Sicherheitsgefühl vermitteln, man könne das Kind aber auch ohne dessen Wissen tracken, falls man meint es andernfalls eher zu verunsichern. Ich kann sehr gut verstehen, dass man das aus elterlicher Sorge heraus macht, aber mir scheint es irgendwie nicht die richtige Option. Was ist Ihre Empfehlung?

1Tracking: Sicherheit oder Vertrauensbruch?

Ich verstehe den Wunsch nach Sicherheit für Ihre Tochter, sehe aber auch die Bedenken, die Sie haben. Ein Kind zu tracken ist ein Eingriff in seine Privatsphäre und kann das Vertrauen sowie die Entwicklung hin zur Selbständigkeit beeinträchtigen. Es gibt Situationen, in denen Tracking bei jungen Kindern sinnvoll sein kann, beispielsweise wenn Ihr Kind alleine längere Strecken zurücklegt. Entscheidend ist Transparenz und die gemeinsame Entscheidung:

  • Sprechen Sie offen mit Ihrer Tochter über Ihre Sorgen und die Möglichkeit des Trackings.
  • Erklären Sie ihr die Funktionsweise und den Zweck – nicht als Kontrolle, sondern als zusätzliche Sicherheit, die im Notfall helfen kann.
  • Beziehen Sie sie in die Entscheidung ein. Fühlt sich Ihre Tochter beim Tracken unwohl, sollten Sie davon absehen.


Ich halte es für kritisch, Ihre Tochter ohne ihr Wissen zu überwachen. Genau jetzt im Alter von sechs Jahren wird ein Grundstock für die gesamte Medienerziehung der nächsten Jahre gelegt, und hier ist eine hohe Vertrauensbasis zwischen Kindern und Eltern elementar. Sollten Sie sich gemeinsam für das Tracking entscheiden, betonen Sie, dass dies auf Vertrauen basiert und jederzeit wieder geändert werden kann. Diese gemeinsame Entscheidung stärkt das Vertrauensverhältnis und vermittelt Ihrem Kind Verantwortung im Umgang mit digitalen Möglichkeiten. Viel Erfolg und alles Gute!

Maximilian Knack

2Zwischen Datenschutz und Elternsorge

Als Vater und Datenschutzexperte verstehe ich Ihre Sorgen sehr gut. Die Versuchung, das eigene Kind per Tracking-App zu überwachen, ist nachvollziehbar, gerade wenn es um seine Sicherheit geht. Doch aus datenschutzrechtlicher Sicht möchte ich Sie auf einige wichtige Aspekte hinweisen. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass Tracking-Apps eine Vielzahl an sensiblen Daten sammeln – nicht nur den aktuellen Aufenthaltsort, sondern oft auch Bewegungsprofile und Verhaltensmuster. Diese Daten werden auf Servern gespeichert und sind potenziell anfällig für Missbrauch oder Hackerangriffe. Selbst bei seriösen Anbietern kann nie vollständig ausgeschlossen werden, dass Informationen in falsche Hände geraten.  Als Elternteil tragen Sie eine Verantwortung für den Schutz der Privatsphäre Ihres Kindes, auch im digitalen Raum. Zudem stellt sich die Frage der Einwilligung. Da Ihr Kind erst sechs Jahre alt ist, kann es nicht bewusst in eine solche Überwachung einwilligen. Rechtlich gesehen müssen Eltern das Wohl des Kindes in den Vordergrund stellen – und dazu gehört auch der Schutz seiner Persönlichkeitsrechte. Ständige Überwachung, ob sichtbar oder unbemerkt, kann diese Rechte verletzen. Ein weiterer Punkt ist der Vertrauensbruch, der entstehen kann, wenn Ihr Kind später einmal erfährt, dass es ohne sein Wissen überwacht wurde. Datenschutz bedeutet auch, Transparenz im Umgang mit persönlichen Daten zu wahren – das gilt aus meiner Sicht insbesondere innerhalb der Familie.

Mein Rat: Überlegen Sie, ob die möglichen Sicherheitsvorteile die Risiken für die Privatsphäre Ihres Kindes aufwiegen. Statt auf Überwachung zu setzen, können klare Absprachen, wie etwa feste Zeiten, wann Ihr Kind zu Hause sein soll, Ihr Sicherheitsgefühl erhöhen und gleichzeitig das Verantwortungsbewusstsein Ihrer Tochter fördern.

Christian Volkmer

Titelbild gemalt von Klara (13)

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