Streitigkeiten unter Geschwistern: Wie Eltern am besten reagieren sollten, wenn die Kinder sich zoffen? Das sagen unsere Expert:innen.
„Sie ist nicht mehr meine Freundin und ich rede nie wieder mit ihr“, so kam meine sieben Jahre alte Tochter neulich aus der Schule. Sie hatte sich mit ihrer besten Freundin gestritten, weil diese ein Geheimnis mit einem anderen Mädchen hatte und ihr nicht verraten wollte. Am nächsten Tag war alles wieder vergessen. Auch zuhause kommt es regelmäßig zum Streit zwischen meiner Tochter und ihrem fünfjährigen Bruder. Oft geht es um Spielsachen oder wer was zuerst machen darf. Meistens ist die Sache schnell geklärt und sie vertragen sich wieder. Manchmal geht es jedoch auch „heiß her“ und ich gehe dazwischen. Besonders kniffelig ist es, wenn ein Kind zu mir gelaufen kommt und möchte, dass ich entscheide, wer im Recht ist. Die häufigen, oft lautstarken und emotionalen Streitereien finde ich anstrengend. Soll ich mich in die Situation einmischen und schlichten oder es die Kinder lieber selbst regeln lassen?
1Sachen auch mal unter sich ausmachen
Ich werde die Elternfrage diesmal eher aus Papa-Sicht beantworten. Meine beiden Töchter (6 und 9 Jahre alt) sind mittlerweile sehr erfahrene Streiterinnen. Es gibt dabei verschiedene Punkte zu beachten. Wenn Gäste (Schul- oder Kindergartenfreunde) beteiligt sind, mische ich mich ein und schaue, dass der Konflikt noch an Ort und Stelle gelöst werden kann. Wenn ich bei meinen Töchter nicht als Augen- oder Ohrenzeuge bei der Konfliktentstehung anwesend war, trenne ich die beiden nur. Gebe ihnen getrennt voneinander Zeit abzukühlen, um dann in Ruhe das Geschehene noch mal besprechen zu können. Oft ist das dann aber gar nicht mehr notwendig. Manchmal tue ich so, als ob ich den Streit gar nicht mitbekommen und schaue, wie es sich entwickelt. Ich finde es wichtig, dass sie es unter sich und eventuell auch mal etwas rabiater austragen können, ich schreite aber ein, wenn es eskaliert. Manchmal verbünden sie sich während des Streits gegen mich. Ganz nach dem Motto: „Pack schlägt sich, Pack verträgt sich“.
2Kinder sollen sich ernstgenommen fühlen
Wir Eltern wünschen uns oft Harmonie im Familienalltag. Stattdessen sind sechs Konflikte pro Stunde unter Geschwistern mehr als normal. Temperament, Charakter und Persönlichkeit spielen dabei eine große Rolle und beeinflussen die Intensität der Streitereien. Im Alter von fünf und sieben Jahren können Kinder ihre Konflikte zunehmend selbst lösen. Gleichzeitig steht der (körperliche) Schutz eines jeden Kindes im Vordergrund. Wichtig ist, dass wir als Eltern versuchen, neutral zu reagieren und uns nicht ständig auf die Seite des jüngeren Kindes schlagen. Wir können beispielsweise fragen, ob unsere Unterstützung benötigt wird. Falls ja, dürfen beide Ihre Sichtweise erklären und wir können gemeinsam nach einer Lösung suchen. Werden sie sich trotz Begleitung nicht einig, sollten wir mit ihnen den Frust aushalten, ihre Gefühle ernst nehmen und diese empathisch und liebevoll auffangen. Auch Konflikte unter besten Freundinnen können vorkommen. Kommt ein Kind aufgebracht aus der Schule, sollten wir ein offenes Ohr dafür haben und nach dem Grund fragen. Obwohl solche Konflikte in der Regel schnell wieder vergessen sind, ist es umso wichtiger, dass sich Kinder ernst genommen fühlen und wissen, dass sie mit uns Eltern über alles sprechen können.
3Streit ist auch wichtig
„Wenn Zwei sich streiten, freut sich der Dritte.“ Dass dieser Spruch nicht aus der Feder eines betroffenen Elternteils stammen kann, ist dem aufmerksamen Leser wohl schnell klar. Streitereien unter Kinder können sehr anstrengend sein, auch wenn man „nur“ unbeteiligter Zuschauer ist. Und dennoch ist das Streiten so wichtig für die soziale Entwicklung unserer Kinder: Kompromisse eingehen, sich in die Rolle des anderen hineinversetzen und dessen Meinung aushalten können ... das alles muss erst einmal gelernt werden. Deshalb rate ich grundsätzlich davon ab, sich in die Auseinandersetzungen der Kinder einzumischen. Wie Sie selbst schon sagten, regeln das die Kinder oft sehr schnell untereinander und kurze Zeit später ist der Zoff wieder vergessen. Wenn es allerdings zu Handgreiflichkeiten kommt oder ein Ungleichgewicht entsteht, also z.B. ein sehr viel älteres Kind mit einem kleinen Kind streitet, ohne das dies eine echte Chance hat sich zu verteidigen, dann muss ich mich als Erwachsener einschalten. Dies scheint in ihrem Fall jedoch nicht nötig zu sein. Wenn eines der Kinder dann trotzdem um Hilfe bittet und von Ihnen Recht bekommen möchte, dann sagen Sie doch einfach ganz ehrlich, dass Sie sich nicht einmischen können. Sie, als Unbeteiligte, wüssten gar nicht worum es geht. Lassen Sie sich dann den Streitgrund von beiden erklären und meist findet sich im ruhigen Gespräch bereits die Lösung. Gleiches gilt, wenn ihre Tochter nach der Schule vom Zoff mit der besten Freundin berichtet. Hier können Sie sich schlecht einmischen, da Sie ja nicht dabei gewesen sind und die Berichte immer subjektiv, also zugunsten des Erzählers ausfallen. Aber hören Sie Ihrer Tochter aufmerksam zu. Indem die Kinder sich in ihren Frust von der Seele reden können, verfliegt meist schon der größte Ärger und am nächsten Tag sind sie wieder offen für Kompromisse.
Titelbild gemalt von Klara (12)
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