Kleinkind

Mit den Händen sprechen

von Verena Riehl

Eltern können Gebärden und Gestern zur Verständigung mit ihrem Nachwuchs nutzen, bevor dieser (gut) sprechen kann. Ein Erfahrungsbericht.

Alle Eltern warten gespannt auf das erste Wort ihres Kindes. Mama oder Papa sind meist die Favoriten. Das erste Wort unserer Tochter war (Feuerwehr-)Sirene: Aufgeregt streckte sie ihre kleine Hand mit den
Fingern nach oben in die Luft und schüttelte sie. Da war sie ungefähr 9 Monate alt. Wir kommunizierten in diesem Alter mit unserer Tochter auch mit Baby-Zeichensprache.

Bei der Baby-Zeichensprache (manchmal auch als Babygebärden oder mit dem Markennamen Zwergensprache bezeichnet) handelt es sich meist um (vereinfachte) Gebärden aus der Gebärdensprache, die Gehörlose zur Kommunikation verwenden oder auch um frei erfundene Gesten zur Kommunikation mit Babys und Kleinkindern. Eltern können diese zur Verständigung mit ihrem Nachwuchs nutzen, bevor dieser (gut) sprechen kann. Die meisten Menschen verwenden auch in der normalen Kommunikation Gesten wie zum Beispiel den Finger an die Lippen zu legen, um „Leise bitte“ auszudrücken. Baby- Zeichensprache funktioniert ähnlich, nur mit einem etwas breiteren Wortschatz.

Zur Einführung kann man spezielle Kurse besuchen, Apps oder Bücher nutzen. Wir sind eher zufällig in den ersten Lebensmonaten auf das Buch „babySignal. Mit den Händen sprechen“ von Wiebke Gericke gestoßen. Unserer Meinung nach bietet das Buch einen umfassenden und schnellen Einstieg in das Thema, erklärt nötige Theorie zur Gebärdensprache und Sprachentwicklung und was Eltern beim Gebärden mit Babys beachten sollten. In dem Buch werden auch über 100 Gebärden mit anschaulichen Zeichnungen zum einfachen Nachmachen und Ausprobieren gezeigt. Besonders hilfreich waren für uns die praktischen Tipps und Anregungen zu Situationen, in denen Gebärden zum Einsatz kommen können und welche Gebärden für Babys in unterschiedlichem Alter interessant und nützlich sind.

Da uns das Konzept überzeugte und wir einfach neugierig waren, ob es tatsächlich klappt, starteten wir mit dem Gebärden als unsere Tochter ein halbes Jahr war mit einem „Wortschatz“ von ca. 6-10 Gesten. Wir wohnen an einer Straße, an der oft Feuerwehrzüge oder Krankenwagen vorbeifahren und entsprechend häufig ertönt das Martinshorn. Als Baby fand das unsere Tochter sehr aufregend und so war „Sirene“ die erste Gebärde, die sie nachahmte. Nach und nach erweiterte sich unser Repertoire und das unserer Tochter. Besonders Gesten von verschiedenen Tieren und (Lieblings-) Speisen lernte und zeigte unsere Tochter gerne. Highlights waren bei uns auch „Mehr“ (z. B. Essen oder Trinken) und „Nochmal“, sowie dieKombination der zwei Gebärden „Einmal noch und dann ist Schluss“ (Super, wenn das Kind wieder und wieder rutschen möchte, man aber langsam nach Hause gehen möchte). Wenn wir in dem Buch mal eine Gebärde nicht fanden, die wir einsetzen wollten, schauten wir das entsprechende Wort in der Deutschen Gebärdensprache nach oder erfanden selbst ein Zeichen.

Spaß an der Kommunikation

Uns war vor allem wichtig, dass der Spaß an der Kommunikation mit der Zeichensprache im Vordergrund stand. Es ging uns nicht darum, dass unsere Tochter möglichst früh möglichst viele Gesten „vorführen“ kann oder um eine besondere „Frühförderung“. Die Gesten sollten auch das Miteinander Sprechen und Zuhören nicht ersetzen, sondern spielerisch ergänzen.

Die Großeltern waren zunächst etwas skeptisch: „Ob sie dadurch vielleicht später sprechen lernt, weil sie sich ja mit den Händen verständigen kann?“. Unserer Erfahrung nach war das jedoch nicht der Fall. Mit ca. 12 Monaten begann unsere Tochter mit dem „normalen“ Sprechen. Die Gebärden begleiteten uns ab da parallel zur Sprachentwicklung bis sie etwa 2 Jahre alt war. Je mehr sie sich mit Sprechen ausdrücken konnte, desto mehr verloren auch die Gebärden an Bedeutung und gerieten nach und nach in Vergessenheit. Zum Spaß machen wir heute aber manchmal noch die ein oder andere Geste.