Jakob Bornschlegl ist ein Gesicht der Friday for Future-Bewegung in Regensburg. Johann Brandl hat mit ihm gesprochen, was ihn antreibt und warum er – wie so viele andere aus seiner Generation – auf die Straße geht.
Die Erde und ihre Bedrohung. Eigentlich wissen wir doch schon alles und das schon ziemlich lang. Spätestens seit der Club of Rome in den frühen 70er Jahren seine ersten Prognosen zum Ende des Wachstums, dem Ende der Ressourcen und der zunehmenden Verschmutzung der Erde veröffentlichte, wissen es zumindest sehr viele. Unser Planet geht den Bach runter! Jedes Jahr werden tausende von Studien veröffentlicht, Kongresse abgehalten, internationale Verträge geschlossen. Und trotzdem hat man den Eindruck nichts wird besser, ja es verschlimmert sich sogar und niemand hört mehr so richtig hin. Und jetzt? 2018 begann in Schweden eine sich weltweit rasend schnell ausbreitende Bewegung. Ein damals fünfzehnjähriges Mädchen – Greta Thunberg – gab Fridays for Future ein Gesicht.
Seit Anfang Januar 2019 ist diese Bewegung in Deutschland und auch in Regensburg angekommen. Woche für Woche engagieren sich mehr und mehr junge Menschen – vor allem SchülerInnen – für nichts geringeres als die Rettung des Planeten. In Regensburg hat sich eine sehr aktive und engagierte Gruppe entwickelt, die scheinbar mühelos bei jeder Aktion Hundertschaften auf die Straße bringt: einer davon ist der achtzehnjährige Jakob Bornschlegl. Er hat im Mai schnell mal Abitur gemacht und sich gleichzeitig mit Hochdruck in die Fridays for Future Bewegung (FFF) eingebracht.
Jakob, wie kamst du dazu, dich bei FFF zu engagieren?
JAKOB BORNSCHLEGL: Ganz einfach. Anfang Januar ging ich zum ersten mal zu einem FFF-Treffen, kam wieder und bin geblieben. So bin ich in die Bewegung reingewachsen und habe immer mehr Infos über den katastrophalen Zustand der Erde bekommen. Dadurch hat sich mir die Frage gestellt, warum ich überhaupt Abi machen und studieren soll, wenn eh alles den Bach runtergeht. Ich engagiere mich, um für mich und meine Nachkommen eine Zukunft zu schaffen.
Wie ist die FFF-Gruppe in Regensburg organisiert?
Wir sind ungefähr 75 Leute, davon 30 richtig aktiv. Wir treffen uns einmal pro Woche und organisieren uns über soziale Netzwerke. Die FFF-Gruppe ist basisdemokratisch organisiert, Ideen und Vorschläge werden besprochen, die Abstimmung erfolgt nach dem Konsensprinzip in sechs Stufen von ja bis Veto.
Welche Ziele verfolgst du mit deinem Engagement?
Ich will, dass alle Menschen mehr über den Zustand der Erde informiert werden. Beispielsweise über den hohen CO2 Ausstoss durch Massentierhaltung. Viele wissen gar nicht, dass die Produktion von nur einem Kilogramm Rindfleisch 10.000 Liter Frischwasser erfordert! Ich will mithelfen, Bewusstsein zu schaffen. Was schädigt wie viel? Welche Verbräuche bewirken was? Was bedeutet überzogene Mobilität? Was richten Luxusgüter an, auf die man auch leicht verzichten könnte? Mit FFF möchten wir die Menschen auf allen Ebenen sensibilisieren und über umweltverträgliche Alternativen informieren.
Wie schätzt du den Einfluss von Greta Thunberg ein und glaubst du, dass die ganze Bewegung gesteuert sein könnte? Es gibt da ja immer wieder Vorwürfe aus der Politik, von religiösen Gruppen oder Wirtschaftsverbänden?
Greta hat den Anstoß geliefert. In Deutschland sehe ich ihren Einfluss nicht mehr so groß, weil unsere Bewegung mittlerweile gut organisiert ist und eigenständige Ziele und Forderungen formuliert. Aber Greta lebt ihre Werte und segelt beispielsweise mit einer High Tech Yacht CO2 arm nach New York, um dort die Klimaforderungen zu vertreten. Damit ist sie weiterhin Vorbild. An den Verschwörungstheorien ist absolut nichts dran, weder regional noch bundesweit. Das sind alles unsere eigenen Ideen, und Motivationen.
Welche konkreten Aufgaben hast du bei FFF Regensburg und wie geht es bei dir persönlich weiter?
Wenn möglich habe ich die großen Veranstaltungen mitorganisiert und war auch bei fast jeder Demo aktiv dabei. Wichtig ist natürlich auch der finanzielle Background: da geht es darum, Sponsoren zu suchen wie zum Beispiel den ASTA, der uns mit der Soundtechnik unterstützt. Viele unserer Mitstreiter verlieren gerade ein bisschen Motivation, aber ich bleibe an der Sache dran. Erst einmal hier in Regensburg und dann dort, wo es mich studienmäßig hin verschlägt.
Wie schätzt du die öffentliche Unterstützung in Regensburg ein?
Der Stadtrat und die Politik hat uns auf dem Schirm, nimmt uns aber zu wenig ernst. Die Bürgermeisterin hat uns ein Gespräch angeboten, mal sehen ob sie das auch tut. Von Polizei und Ordnungsamt haben wir uns schon immer wieder hingehalten und gegängelt gefühlt.
"Die Stadt Regensburg muss konkret sehr viel mehr von sich aus tun als bisher."
Siehst du schon gewisse Erfolge der FFF-Bewegung und was sollte konkret passieren?
Das Thema ist durch unsere Aktionen und auch durch die Berichterstattungen in den Medien sicherlich schon mehr ins Bewusstsein der Politik und der Menschen gekommen. Allerdings müssten unsere Forderungen schneller umgesetzt und es müssten drastischer Schritte gewagt werden. Die Stadt Regensburg muss konkret sehr viel mehr von sich aus tun als bisher.
Wie sind die Eltern- und Schulreaktionen in Regensburg?
Sehr gemischt. Manche Eltern unterstützen die Aktivitäten voll, andere sind kritisch und lassen ihre Kinder erst gar nicht zur Demo. In Regensburg ist nach meiner Einschätzung das Goethe Gymnasium die aktivste Schule. Ich war am Altdorfer Gymnasium, die Unterstützung dort war ok. „Entschuldigungen“ der Eltern mussten vorhanden sein, kompensiert wurde der versäumte Unterricht mit einer umweltrelevanten Veranstaltung, das finde ich sehr gut.
Was würdest du anderen Jugendlichen empfehlen, wie und wo sie sich engagieren sollen?
Jeder muss für sich den Entschluss treffen und entscheiden, was er tun möchte. Ich empfehle, sich gut zu informieren. In den Medien sieht man aktuell brennende Wälder in der Arktis. Sie verursachen einen gigantischen CO2-Ausstoß, das kann einen doch nicht unberührt lassen! Das Engagement bei FFF macht auch Spaß, es ist nicht nur Pflicht und Arbeit, sondern positiver Stress!
Warum ist die Bewegung weltweit, aber auch in Regensburg so wichtig?
Weltweit sind die Wälder, die Artenvielfalt bei Flora und Fauna, die Landwirtschaft, Flüsse und Seen, das Grundwasser, die Bergwelt, unsere Städte, unsere Energieversorgung gefährdet. Das hat Auswirkungen auf unsere Gesundheit und das Leben an sich. Der Klimawandel der Zukunft wird uns auch in Regensburg hart treffen. Anders als die Fidschiinseln, die vielleicht ganz von der Landkarte verschwinden oder Bangladesch, dem eine flächendeckende Überflutung droht. Aber soll es in Regensburg so weitergehen, dass immer weitere Flächen für Gewerbe und Wohnen versiegelt, verbraucht und zerstört werden? Kann das Argument Arbeitsplätze und fehlender Wohnraum immer weiter dazu benutzt werden, die Lebensgrundlagen der kommenden Generationen in Regensburg zu zerstören?
Welche FFF-Aktionen sind aktuell geplant?
Im August trafen sich im Dortmunder Revierpark fast 2.000 Aktivisten von FFF um zu beraten, wie es weitergehen soll. „Niedlich war gestern“ titelte die Süddeutsche Zeitung, auch weil wir immer professioneller organisiert sind. In Regensburg gab es im August eine 24h Mahnwache. Für den 20. September ist eine weltweite Demo geplant, die auch in Regensburg stattfindet. Darüber hinaus werden wir beim Kommunalwahlkampf im Herbst mitmischen und uns die Forderungen und Versprechen der einzelnen Regensburger Parteien sehr genau anschauen.