Familienpolitik

Regensburg-Plan 2040 – (kein) Plan für Familien?

Johann Brandl

Der Regensburg-Plan 2040 für ein lebenswertes Miteinander in der Welterbestadt ist da. Was steht drin und was ist davon zu halten? Eine kritische Einführung von Johann Brandl.

Nun gibt es ihn also, den REGENSBURG-PLAN 2040. In ihm sollen „innovative Lösungsstrategien und Ideen entwickelt werden, um auch künftig ein lebenswertes Miteinander in der Welterbestadt gestalten zu können“. Und das Ganze unter Berücksichtigung zentraler Themen wie Wohnen, Mobilität und Klima. Die Regensburger Bürger:innen sollen dabei beteiligt werden. Als Diskussionsgrundlage gibt es seit einigen Wochen eine vorläufige Fassung von rund 160 Seiten. Zuvor gab es schon einen Regensburg 2000 und einen Regensburg 2005 Plan. Und seit 1983 gibt es einen Flächennutzungsplan für die Gesamtstadt, der letztmals 2010 zum 39. Mal geändert wurde. Der Auftakt zur Bürgerbeteiligung des REGENSBURG-PLAN 2040 fand im November 2020 als Videokonferenz inklusive eines Vortrags des bekannten Wiener Stadtplaners Thomas Madreiter statt.

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Was steht in dem Plan?

Zunächst natürlich eine Bestandsaufnahme. Regensburg als dynamische stark expandierende Stadt mit vielen Arbeitsplätzen im Industrie-, Gewerbe-, Dienstleistungs- Forschungs- und Medizinsektor. Mehr Arbeitsplätze als Einwohner, zehntausende Pendler täglich, dazu kommen die Universitäten mit deutlich mehr als 30.000 Studierenden. Diese Dynamik setzt seit vielen Jahren eine gewaltige Nachfrage nach Gewerbe- und Wohnungsbauflächen frei.

Die ständig steigende Zahl der Berufspendler und Studierenden erzeugt einen gigantischen Verkehrsstrom, der zu Stoßzeiten den Verkehr zum Erliegen bringt. Weitere Folgen sind steigende Wohnungs- und Mietpreise, ein in manchen Stadtteilen unzureichendes Angebot an hochwertigen Freizeit-, Grün und Sportangeboten sowie fehlende Betreuungseinrichtungen für Kleinkinder und Schüler. Durch seine Kessellage ist Regensburg bei der Luftreinhaltung/Durchlüftung besonders belastet. Die Hitze- und Smog-Tage mit erhöhten Feinstaub-, Stickoxid-, Ozonbelastungen sind hier auch aufgrund des Klimawandels ein großes Problem. Die Flächenreserven für eine zukünftige weiter anhaltende dynamische Entwicklung der Stadt sind offensichtlich – auch nach Einschätzung der Verwaltung – begrenzt, bzw. ausgereizt. Dennoch setzt der REGENSBURG-PLAN 2040 voll auf eine wirtschaftsfördernde Ausweitung der Flächen. Bis ca. 2035 sind dafür etwa 200 Hektar Baufläche vorgesehen, der daraus resultierende benötigte Wohnraum wird auf 20.000 bis 26.000 neue Wohneinheiten beziffert. Das bedeutet weitere 200 Hektar, die bereitgestellt werden müssten. Im Plan wird unter anderm der Bau mehrerer Gewerbehöfe angekündigt. Die Flächenprobleme sollen offensichtlich auch mit Eingemeindungen und einer stärkeren Zusammenarbeit mit dem Landkreis gelöst werden – wo dies geschehen soll wird nicht genannt.

„Im Rückblick zeigt sich, dass die im Ansatz guten Pläne für Regensburg wenig Eingang in der Realität fanden.“

Mit Motiven wie diesem wirbt die Stadt Regensburg für die Beteiligung am Regensburg-Plan 2040. (Foto: Stadt Regensburg)

Der REGENSBURG-PLAN 2040 versucht detailliert aufzulisten, was zur Verbesserung der wirtschaftlichen Entwicklung, aber natürlich auch der Bürger:innen getan werden muss. Dabei werden sehr viele Modewörter wie zum Beispiel klimaneutral, Resilienz, Smart City, Masterplan oder Digitale Stadt verwendet. Utopien werden in Regensburg gerne auf Hochglanzpapier und bei aufwendigen Events mit den Bürgern besprochen. Tatsächlich umgesetzt werden sie von Politik und Verwaltung bisher jedoch eher selten.

Zur Entlastung der Verkehrssituation sind mehrere Maßnahmen geplant: die Stadtbahn, der neue Zentrale Omnibusbahnhof am Ernst-Reuter Platz, die Mobilitätsdrehscheibe am Unteren Wöhrd (Parkhäuser), diverse Straßen- und Brückenbauten sowie zusätzliche Bahngleise und Haltepunkte. Dazu kommt noch der verblüffende Vorschlag einer Seilbahn, die Frage ist nur von wo nach wo? Auch bezüglich der genannten Zeitschienen hat der Autor seine Zweifel. Der geplante Holzgartensteg ist – Corona bedingt – bildlich gesprochen schon in der Donau versenkt.

Auch das Thema Grün – Umwelt wirft Fragen auf. So steht das Pürkelgut beispielsweise beim Thema Ökologie und Freizeit als Parkanlage weit oben, gleichzeitig steht jedoch im Kapitel Wirtschaftsförderung, dass dort Gewerbe und urbanes Wohnen möglich gemacht werden soll und eine Verbindung zum neuen Wohngebiet auf dem Gelände der ehemaligen Prinz-Leopold-Kaserne geschaffen wird. Dabei gehören der Stadt bisher keine Grundstücke in diesem Bereich. Das Ziel der Schaffung Urbanen Wohnraums ist begrüßenswert. Nach wie vor werden jedoch im Stadtgebiet eher getrennte Gebiete geschaffen. Gewerbliche Baugebiete werden mit wenigen Ausnahmen eingeschossig und mit komplett versiegelten Parkplätzen gebaut. Maximalen Flächenverbrauch garantiert. Auch ist keine realistische Berücksichtigung der vorhandenen Kapazitäten der internen Verwaltung sowie der finanziellen Mittel zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen erkennbar.

Das Pürkelgut im Regensburger Osten ist auch Teil des Regensburg Plans 2040. (Foto: Johann Brandl)

Zu schön um wahr zu werden?

Im Rückblick zeigt sich, dass die im Ansatz guten Pläne für Regensburg wenig Eingang in der Realität fanden. Finanzkrisen, politische Eingriffe, langwierige Verwaltungsvorgänge sowie gigantische Kostensteigerungen einzelner Projekte haben vieles verhindert. Großprojekte wie die Stadtbahn mit im Vorfeld kalkulierten 500 Millionen Euro oder die wie ein Zombie immer wieder kehrende „Stadthalle“ im REGENSBURG-PLAN 2040 heißt sie jetzt „Kultur und Veranstaltungszentrum mit Konzerthalle“ werden auch in der Zukunft entweder nicht realisiert werden oder den Steuerzahler unglaubliche Summen kosten die an anderer Stelle fehlen.

Zu wünschen ist dem REGENSBURG-PLAN 2040 eine rege Bürgerbeteiligung und die Schaffung realistischer Ziele und Vorgaben, die der Wirtschaft nutzen und den Bürger:innen ein angenehmes Leben in einer seit zwei Jahrtausenden existierenden Stadt ermöglichen. Vor allem aber sollte eine Bewahrung der leider nur noch in Resten vorhandenen Natur in Form von naturnahen Erholungsräumen mit Grün und Wasser sichergestellt werden.

Der jetzige Plan kann dies nicht leisten. Er stellt ein Sammelsurium von Unaufschiebbarem, dringend Notwendigem und „nice to have“ dar. Es besteht die Gefahr, dass zwar wieder alles angesprochen und versprochen wird, am Ende jedoch zu wenig herauskommt und am Bürger vorbei entschieden wird. Wäre es nicht sinnvoller, zusammen mit den Bürger:innen eine Prioritätenliste aufzustellen, die leistbar ist? Das würde einen bewussten Verzicht auf maximales Wachstum und maximalen Wohnungsbau zu Gunsten von mehr Lebensqualität einschließen.