Beginnender Fachkraftmangel, Ausbau der Tätigkeitsfelder, Professionalisierung der Vereinsstrukturen: Das sind die großen Herausforderungen des fünften Jahrzehnts. Und dann gab es auch noch Corona.
Das Personalrad dreht sich Zu Beginn des fünften Jahrzehnts der Regensburger Eltern drehte sich wieder das Vorstandsrad: mit Michael Straube, Jessica Suttner und Susanne Nonnast trat eine neue Vorstandsgeneration ins Amt, die sich mit viel Engagement und Expertise für die Belange des Vereins einsetzte. Unterstützt wurden die Vorstände ab 2014 von Ulrike Hecht als Geschäftsführerin, die das Erbe von Hans Brandl antrat.
Goldene Ehrennadel für Hans Brandl
Wenn es bei den Regensburger Eltern eine goldene Ehrennadel für Mitglieder gäbe, Hans Brandl hätte sie verdient. Als studierter Volkswirt und überzeugter Anhänger bürgerlichen Engagements war er 2009 die ideale Besetzung für die neu geschaffene Stelle des Geschäftsführers. Während seiner fünfjährigen Tätigkeit schuf er nicht nur geordnete Verwaltungsstrukturen, sondern sorgte auch für solide finanzielle Verhältnisse, von denen der Verein bis heute profitiert. Nach einem kurzen „Sabatical“ stellte er sich 2019 als ehrenamtlicher Aufsichtsrat zur Verfügung, um die Umstrukturierung des Vereins mit seinem großen Wissensschatz zu begleiten. Seit seinem Ausscheiden aus dem Aufsichtsrat 2021 ist er weiterhin aktives Vereinsmitglied. In seine Artikel in der Elternzeitung weist er konsequent auf soziale Misstände in der Stadt hin, als Veranstaltungsbeirat schleppt er Bierbänke und Getränkekisten und für den Vorstand ist er weiterhin ein pragmatischer und weiser Berater. Die Welt wäre besser, wenn es mehr Menschen wie Hans Brandl gäbe!
Von der Kinderbaustelle zum Bauspielplatz
Die solide finanzielle Lage des Vereins ermöglichte in den Folgejahren die Ausweitung der Geschäftsfelder: mit dem Bauspielplatz (seit 2017), der Offenen Ganztagsbetreung an der Mittelschule St. Wolfgang (seit 2018) und Kunstprojekten in Flüchtlingsunterkünften (seit 2020) wurden nun auch wieder Angebote für größere Kinder und Jugendliche geschaffen.
Am 22. Juni 2017 öffnete der Bauspielplatz seine Tore, auf dem Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 14 Jahren während den Öffnungszeiten und nach einer Werkzeugschulung ohne Anmeldung und kostenlos hämmern, sägen und bauen können. Was heute als attrative Angebot der Jugendhilfe etabliert ist und innovative Projekte wie beispielsweise die erste Draußenschule Bayerns beherbergt, war am Anfang nur eine Idee von engagierten Eltern. 2011 organisierte die Elterninitiative „Kinderbaustelle für Regensburg“ unter der Leitung von Petra Hartung, Babsi Hellerbrand und Peter Götz beim Weltspieltag eine eintägige Bauaktion mitten auf dem Haidplatz. Seitdem gab es Bauaktionen bei Festen und jährlich eine Ferienfreizeit in Kooperation mit der Stadt Regensburg. 2013 traten die Regensburger Eltern erstmals an die Stadt heran, um sich als Träger für einen Bauspielplatz vorzustellen, 2015 beschlossen Jugendhilfeausschuss und Stadtrat einstimmig, das Projekt zu unterstützen und genehmigten die erforderlichen Fördergelder.
Offene Ganztagsschule - willkommenes Neuland für die Regensburger Eltern
Die Trägerschaft der Offenen Ganztagsschule an der Mittelschule St. Wolfgang unter der Leitung von Milka Petrovec übernahmen der Verein im Schuljahr 2018/19. Hier war den Regensburger Eltern ihr Ruf als guter Arbeitgeber vorausgeeilt, der Kontakt ergab sich aus einer persönlichen Empfehlung. In der OGTS werden etwa 50 Kinder von Montag bis Donnerstag nach Schulschluss betreut. Neben Mittagessen und Unterstützung bei den Hausaufgaben gibt es immer wieder Projekte, die die soziale und politische Wahrnehmung der Kinder schulen wie z.B. der Briefmarathon von Amnesty International oder eine Exkursion auf dem Nachhaltigkeitspfad der Stadt Regensburg.
Der Flüchtlingskrise 2015/16 sowie der Krise in der Ukraine wollten die Regensburger Eltern etwas entgegensetzen. Dabei wurden verschiedene Projekte angedacht, seit Februar 2020 werden unter der Leitung der Künstlerin Maria Kurzok Kunstprojekte mit Kindern und Jugendlichen in Regensburger Flüchtlingsunterkünften durchgeführt. Dabei können die individuellen Geschichten der Kinder von ihrer Herkunft, der Flucht, den Reisen, sowie ihre Ankunft in Mitteleuropa künstlerisch verarbeitet werden. Gefördert wird das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert im Rahmen des Programms „Kultur macht stark“.
Professionalisierung der Personalführung und Drittkraftmodell
Ein anderer Schwerpunkt des fünften Jahrzehnts war die weitere Professionalisierung der Vereinsstrukturen. Im Bereich der Personalführung wurden regelmäßige Sprechstunden in den Einrichtungen und Mitarbeiter:innen-Jahresgespräche eingeführt, um den Kontakt zwischen Einrichtungen und Vorstand/Geschäftsführung zu intensivieren. Die Gehälter wurden einheitlich an den Tarifvertrag TvöD SuE angepasst und ein fester finanzieller Rahmen für Qualifizierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen festgelegt.
Durch die Ausweitung des Rechtsanspruchs auf Kindertagesbetreuung auf Kinder ab dem ersten vollendeten Lebensjahr im August 2013 kam es zu einem massiven Ausbau der Krippen in den Städten sowie im Landkreis. Das führte dazu, dass viele Fachkräfte in ihre Heimatstädte und -dörfer abwanderten und die ersten Vorzeichen des Fachkraftmangels spürbar wurden, als die Auszubildendenstellen nicht mehr besetzt werden konnten. Um dennoch eine gute personelle Besetzung in den Einrichtungen zu garantieren, führten die Regensburger Eltern 2013 das Drittkraftmodell ein und besetzten die vakanten Auszubildendenstellen mit fachfremden Drittkräften, denen nach ihrer Probezeit die Qualifikation als Tagespflegekraft/Assistenzkraft in der Kita ermöglicht wird. Der Einsatz von Drittkräften wird von den Fachkräften als große Entlastung und Bereicherung für das ganze Team gesehen und ist ein Erfolgsmodell, dass in dem seit 2021 eingeführten Förderprogramm TP 2000 nun auch sein staatliches Pendant findet.
Aufgaben und Größe des Vereins machen adäquate Strukturen erforderlich
2016 überstieg der jährliche Umsatz der Regensburger Eltern erstmals die Millionengrenze, die Ausweitung der Geschäftsbereiche führte zur zunehmenden Komplexität der Aufgaben. Um die ehrenamtlichen Vorstände zu entlasten, wurde – nach einem längeren Beratungsprozess – in der Mitgliederversammlung 2018 eine grundlegende Umstruktierung des Vereins beschlossen. Seit 2019 stehen dem Verein mit Ulrike Hecht und Michael Straube zwei hauptamtliche (Teilzeit-)Vorstände vor, die von einem vierköpfigen ehrenamtlichen Aufsichtsrat auf fünf Jahre berufen werden. Mit Jessica Suttner, Susanne Nonnast, Richard Mühlmann und Johann Brandl waren in der ersten Besetzung des neu geschaffenen Aufsichtsrats erfahrene Führungskräfte des Vereins. Dies trug maßgeblich zu einem sehr konstruktiven und erfolgreichen Strukturwechsel bei. Als Nachfolger:innen konnten in den Folgejahren konnten mit Verena Gold und Franka Rößner engagierte junge Eltern als Nachfolgerinnen gefunden werden.
Neuer Webauftritt, Soziale Medien & Elternzeitung online
Die zunehmende Digitalisierung machte auch vor den Regensburger Eltern nicht Halt. Im Dezember 2018 konnte das lang geplante Projekt der Neugestaltung der Website www.regensburger-eltern.de mit Unterstützung der Bürogemeinschaft Hotel des Artists umgesetzt werden. Im April 2020 wurde mit Nina Schellkopf eine Expertin eingestellt, die die Sozialen Medien der Regensburger Eltern und pflegt und seit März 2021 auch dafür sorgt, dass alle Artikel der Elternzeitung unter elternzeitung.de auch online zur Verfügung stehen.
Corona. Vom Sozial- zum Krisenmanagement
Auch die Regensburger Eltern waren massiv von Corona und den damit verbundenen Einschränkungen und Vorschriften betroffen. Von heute auf morgen wandelte sich am 16. März 2020 die Aufgabe von Vorstand und Aufsichtsrat vom Sozial- zum Krisenmanagement. Ab diesem Zeitpunkt mussten Fragen geklärt werden, für die es bisher noch keine Präzedenzfälle gab. Dazu zählten die Organisation der Notbetreuungen, die Erstellung von Hygieneplänen, die Gestaltung der Elternbeiträge in den Zeiten des Betretungsverbos, der Umgang mit den Arbeitszeitkontingenten der Mitarbeiter:innen sowie die Einführung einer digitalen Vereinskommunikation. Um Lösungen zu finden, stimmte sich die Vorstände regelmäßig mit den Einrichtungsleiterinnen und Aufsichtsräten ab. Das ausgesprochene Ziel dabei war, möglichst solidarische Lösungen zu finden, die – immer im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten - den Bedürfnissen von Eltern, Mitarbeiter:innen und Verein gerecht werden. Rückblickend kann gesagt werden, dass dies gelungen ist und sich die langjährig gewachsene gute und solidarische Zusammenarbeit von Familien, Mitarbeiter:innen und Vereinsvertreter:innen in dieser herausfordernden Zeit bewährt und bewiesen hat. Das ist nicht selbstverständlich und auch an dieser Stelle nochmals ein herzliches Dank an alle Beteiligten!
Herausforderungen von heute und morgen
Wir freuen uns sehr, dass momentan wieder etwas Normalität in den Einrichtungen einkehrt und wir das 50jährige Jubiläum gebührlich feiern können. Doch langweilig wird es bei den Regensburger Eltern auch in den kommenden Jahren nicht. Um die Bauherrschaft für die notwendige Sanierung des Stadtparkkindergartens übernehmen zu können, hat der Verein schon 2021 eine Kita Bau GmbH gegründet. Hier stehen aufwändige Vertragsverhandlungen mit der Stadt Regensburg an. Darüber hinaus wird sich die angespannte Lage auf dem Fachkraftmarkt noch weiter verschärfen, da die letzte Bundesregierung beschlossen hat, den gesetzlichen Anspruch auf Ganztagsbetreuung von Grundschulkindern ab dem Schuljahr 2026/27 nach und nach auszubauen. Und schließlich gibt es in Regensburg weiterhin engagierte Eltern, die sich mit neuen Ideen für Ihre Kinder und die Familienfreundlichkeit der Stadt Regensburg einsetzen möchten und in den Regensburger Eltern einen guten Partner sehen, um innovative Projekte zu diskutieren und umzusetzen.