Wer hätte das gedacht... Nach den wilden Gründungsjahren in den 70ern ging ́s einfach weiter. Und nicht nur weiter, es ging auch weiter aufwärts mit unserer „Hilfsgemeinschaft Regensburger Eltern“. Neue Leute kamen, knieten sich rein, hatten frische Ideen, Energie und neue Konzepte.
Die große Welt draußen änderte sich, aber der kalte Krieg war noch nicht ganz beendet, die Wiedervereinigung begann erst 89. Kohl kam und blieb lange. Der Staat reagierte auf die unruhigen 60er/70er Jahre mit eigenen Programmen und mehr Personal in allen sozialen Bereichen, aber auch mit einem gewissen restaurativen Charakter in pädagogischen Fragen. Interessant ist auch, dass zu dieser Zeit in der DDR noch ganz andere pädagogische Ziele verfolgt wurden, aber das nur nebenbei bemerkt.
In Regensburg etablierten und professionalisierten sich viele der in den 70er Jahren entstandenen Selbsthilfegruppen die es zum Teil auch heute noch gibt. Hier eine kleine Auswahl: aus der selbstorganisierten „Sozikneipe“ am Gries 17 entwickelte sich das „Spanische Zentrum“ in Stadtamhof. In der Aussigerstraße entstand aus einem Ein-Raum-Betrieb mit SAK-Ehrenamtlichen eine Spiel- und Hausaufgabenstube in städtischer Trägerschaft mit hauptamtlichem Personal. Der AK Strafvollzug benannte sich in Kontakt e.V. um und übernahm – mit Festangestellten – Aufgaben der Jugendgerichtshilfe. Auch beim A.A.A. wurde die erste Erzieherin eingestellt, denn eine Hausaufgabenhilfe mit, über 30 ständig wechselnden studentischen Betreuern, musste professionell koordiniert werden. Bis heute ist Regensburg ein beispielhaftes Netz von soziokulturellen Initiativen geblieben, das von der Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfe (KISS) mit jährlichen Verzeichnissen gehegt und gepflegt wird. Auch die Altstadtfreunde und der Arbeitskreis Kultur existiert bis heute. Viele der im sozialen Bereich aktiven Vereine schlossen sich bereits 1974 zu den Sozialen Initiativen zusammen, die auch heute noch eine sehr wichtige Rolle in Regensburg spielen.
Aus dem Staatsministerium gibt es "Bedenken gegen die Zeitung"
Mitten in die 80er fällt auch Tschernobyl (Mai 86). Natürlich spielte das in der Zeitung der Regensburger Eltern einige Ausgaben lang eine wichtige Rolle: u.a berichteten Mütter gegen Atomkraft und gaben Tipps und Anregungen. Im September 1986 traf bei der Redaktion ein Schreiben des bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung ein, in dem stand, dass Herr Professor Dr. Hans Meier (1970 – 1986
Bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus) „Bedenken gegen die Zeitung ... erhoben hat“ und darum bittet, „sich im Interesse der Eltern um eine objektive Darstellung zu bemühen und nicht nur Angst zu schüren“. Obwohl die Zeitung damals mit Mitteln aus eben diesem Ministerium gefördert wurde, fand der Verfasser keine derartige „objektive Darstellung“ in den nächsten Ausgaben. Die Förderung lief 1987 aus. Die Zeitung gibt es noch heute. Das Angebot der Regensburger Eltern wuchs und war mittlerweile riesig.
Sehen Sie sich mal diese „Regensburger Eltern“ an
Bei der Durchsicht – wer war wann was – fällt mir bei all dem in den 80er/90er Jahren vor allem der Name Marianne Braun auf, die seit 1979 bei den Regensburger Eltern aktiv ist – wechselnd im Vorstand (7 Jahre), im Beirat (15 Jahre) und als Vertreterin der Regensburger Eltern im Arbeitskreis Sucht. Frau Braun erzählt wie das so war mit ihren Anfängen bei den Regensburger Eltern:
„Wenn Sie nach Regensburg gehen, sehen Sie sich mal diese ,Regensburger Eltern' an. Das ist eine ganz tolle Bürgerinitiative. Im September sollte die Älteste (unserer vier Kinder) in den Kindergarten kommen und trotz der Warnungen, dass dies doch eine antiautoritäre, linke Institution sei, versuchten wir unser Glück. Bei einem Besuch der Leiterin stellte sich heraus, dass es noch freie Plätze gab! Schon nach ca. 6 Wochen war ich Elternsprecherin der Vormittagsgruppe und hatte sehr engen Kontakt zur Institution REGENSBURGER ELTERN, da mir auch der vakante Platz des für den Kindergarten zuständigen Beiratsmitglieds zufiel.“
Ganz schnell arbeitete sich Marianne Braun in die vielen Aktivitäten ein. Bürodienst – auf rein ehrenamtlicher Basis – gehörte so selbstverständlich zum Tagesablauf, dass die Töchter damit „Arbeit“ gleichsetzten.
"Mit großen Kraftanstrengungen gelang es uns, das nötige Kapital zusammen zu betteln."
Der „krönende Abschluss“ war der Kraftakt, den Kindergarten umzubauen. Aus der ursprünglichen Idee, eine neue Heizung einzubauen, entstand der Plan, das ganze Gebäude zu sanieren. „Nachdem ich die fertigen Pläne gesehen hatte, ließ ich mich von der Euphorie anstecken und mit viel Hilfe und großen Kraftanstrengungen gelang es uns, das nötige Kapital zusammen zu betteln. An dieser Stelle möchte ich mich bei Renate Drumm bedanken, die mit mir damals viele Bittgänge gemacht hat und mich immer wieder aufgebaut hat.“
Bürgerliches Engagemnet lohnt sich und geschieht bei den RE – damals wie heute – über die Vereinsgrenzen hinaus.