Bei "Parkhaus" denken die meisten wohl als allererstes an parkende Autos. Gemeint ist aber ein Ort, der Bürger:innen rund um den Regensburger Ostpark das Leben schöner, lebendiger und interessanter machen wird.
Sage ich, ich gehe ins Parkcafé, versteht jeder, ich will in ein Café in einem Park gehen. Sage ich aber, ich gehe ins Parkhaus, glaubt jeder, ich will in ein Gebäude, das für das Parkieren von PKWs geeignet ist. Hier soll es aber um ein Haus im Park gehen, das allen Bürger:innen rund um den Regensburger Ostpark das Leben schöner, lebendiger und interessanter machen wird – mit einer kulinarischen und kulturellen Parkversorgung.
Der Ostpark – ein ca. 25.000 Quadratmeter großer einfacher Park an der Landshuter Straße – ist ein verborgenes kleines Juwel hinter den Gebäuden der ehemaligen Infanteriekaserne. Von den 1890er Jahren bis zum Ende des 2. Weltkriegs diente die Fläche als Exerzierplatz, bis sie Ende der 1950er Jahre von der Stadt Regensburg vom bayerischen Staat gepachtet und zum Ost-Park umgestaltet wurde, wie wir ihn heute kennen.
Seit vielen Jahren fehlt es dort an einfachster Infrastruktur – sprich WCs, Wasser, Strom oder einer Bühne für kleinere Veranstaltungen. Die wichtige Funktion des Parks für das Stadtviertel und das Fehlen eines betreuten Treffpunkts, sowie von öffentlichen Toiletten, wird seit vielen Jahren bemängelt und eine Umsetzung zuletzt auch im ISEK (Integriertes städtebauliches Entwicklungskonzept für den Inneren Südosten) 2019 als geförderte Maßnahme empfohlen. Leider wurden diese Forderungen und Empfehlungen viele Jahre kontinuierlich ignoriert. Im Gegenteil: 2021 wurde der erst vor zehn Jahren neu asphaltierte querende Parkweg zurückgebaut – angeblich als Ergebnis umfangreicher Bürgerbeteiligungen. Ortskundige bedauern dies und sind sich sicher, dass hier ein Trampelpfad entstehen wird, um die natürliche Verbindung im Park wieder herzustellen. Einer Aufwertung des Parks dient der Rückbau jedenfalls nicht.
Erfreuliche Veränderungen im Park
Der Regensburger Stadtrat und Künstler Jakob Friedl (42), ein gelernter Holzbildhauer und freier Künstler mit Diplomabschluss für „Kunst und öffentlicher Raum“ der Kunstakademie Nürnberg, ist direkt neben dem Ostpark aufgewachsen. Sein Schulweg führte ihn jeden Morgen quer über die Parkwiese in die Pestalozzi Grundschule. Auch daher kennt er den Ostpark, seine Qualitäten, Eigenheiten und Kontinuitäten bestens. Wer Friedl kennt, weiß, dass er nicht nur dicke Bretter bohren kann, sondern auch ganze Bäume bearbeitet. Getan hat er dies beispielsweise 2004 direkt im Park vor dem Hauptbahnhof oder 2015, als er in Burgweinting einen „Junibaum“ aufstellte. Gegenstand, Werkzeuge und Mittel seiner Kunst haben sich über die Jahre stets verändert: Heute bearbeitet er erfolgreich Gesellschaft, Verwaltung und Stadtpolitik.
Auf Antrag der Koalitionsparteien erstattete die Verwaltung Anfang 2021 Bericht zu den vorhandenen und geplanten öffentlichen Toilettenanlagen im Stadtgebiet. Dabei wurde vom Gartenamt die ehemalige Gartenamtsunterkunft im Ostpark als potenzieller Ort erwähnt. Wenig später wurde diese Idee wieder auf unbestimmte Zeit verschoben. Friedls Interesse war geweckt und er begann, Mitstreiter:innen für seine Idee eines „Gemeinschaftshauses Ostpark mit angegliederter öffentlicher Toilette“ zu suchen. Sein sogenanntes Parkhaus-Kollektiv – bestehend aus Menschen von der Ribisl-Partie und Architekturstudent:innen – begann im Mai 2021 sich um eine Öffnung des Gebäudes zu bemühen. Das Kollektiv schrieb an Projektpartner und die Stadtverwaltung und war den gesamten Theatersommer – der erstmals im Ostpark stattfand – unter anderem mit einem beleuchteten Infostand präsent, um auf den besonderen Charme und das Potential des Parks aufmerksam zu machen.
Bis zur ersten Besichtigung der Innenräume dauerte es aber noch eine ganze Weile. Das Parkhaus-Kollektiv begann – unterstützt vom Bürgerverein Süd-Ost und Prof. Markus Emde – mit intensiven Recherchen zum historischen Hintergrund des Parks und seiner Gebäude. Dabei stellte sich heraus, dass die seit Jahren unbenutzte und zum Abriss freigegebene Gartenamtsunterkunft, die ursprünglich als Stützpunkt für Personal und Geräte diente und in früheren Zeiten mit öffentlichen Toiletten ausgestattet war, die Restsubstanz eines ehemaligen mehrgeschossigen Latrinenhauses ist. Fünf solcher den Kasernengebäuden zugeordneten Latrinengebäude standen früher im Park, bis sie auf Wunsch der Stadt Ende der 50er Jahre abgerissen wurden. Im Inneren der ehemaligen Gartenamtsunterkunft sind bereits die Voraussetzungen für eine bürgerfreundliche Umnutzung vorhanden – Toilette, Wasser, Strom, Aufenthaltsraum, Stauraum – alles natürlich renovierungsbedürftig, aber nicht marode – und möglicherweise sogar wieder mehrgeschossig zu bauen.
Das Parkhaus-Kollektiv erarbeitete eine Vorplanung, die – in einer umfangreichen und hochwertigen Broschüre verpackt – das Projekt in Wort und Bild greifbar macht und mit den städtebaulichen Zielen des ISEK verschränkt. Das experimentelle Architekturprojekt ist auch ein soziales, denn das entwicklungsfähige Parkhaus soll im Rahmen einer partizipativen Kulturbaustelle errichtet werden, die den sozialen Zusammenhalt für eine daraus resultierende Parkversorgung schafft. Die konventionelle Kostenschätzung von ca. 180.000 Euro soll durch ehrenamtliche Arbeit deutlich reduziert werden. Die Stadt kann eine Kostenerstattung von bis zu 60 Prozent erwarten, da das Projekt viele städtebauliche Ziele für das Entwicklungsgebiet Innerer Südosten aufgreift und realisiert. Das Parkhaus-Kollektiv schätzt, dass das „Parkhaus“ die Stadt letztendlich lediglich 50.000 Euro kosten wird. Im Dezember 2021 fand das Projekt im Stadtrat endlich Unterstützung. Einstimmig! Der Weg für eine zeitnahe Umsetzung ist damit geebnet.
Warum ist dieses Projekt so besonders?
In das bestehende kleine Gebäude soll ein Kiosk gebaut werden, eine Personaltoilette und eine Gemeinschaftsküche, darüber eine Dachterrasse und auf dem Vorplatz ein öffentliches WC. Dazu in einem vorgelagerten Außenregal Stauraum für Tische, Stühle, Bänke und eine Bühne für kleine Kulturveranstaltungen. Die große Überschrift dieser „Parkversorgung“ lautet: Menschen sollen vor Ort zusammen kommen und ihr eigenes „Ding“ machen.
Noch im Dezember 2021 konnte der Parkhaus Verein gegründet werden. Anlaufstelle ist der „Kaufladen für Erwachsene“ in der Guerickestraße 71a. Hier hat der Förderverein für unter- und überirdische Urbanismus-Forschung/Fvfu-uüiUF. e.V. einen Projektraum angemietet, um dort einen offenen Nachbarschaftstreff für Beteiligung und Kunst im Viertel zu schaffen. Schon bald sollen erste Kulturveranstaltungen im Ostpark stattfinden. Der Fvfu-uüiUF. e.V. bietet ein umfangreiches und abwechslungsreiches Rahmenprogramm im Stadtviertel, über das die Bewohner:innen monatlich per Postwurf informiert werden: „Kaufladen“, „Guericke- Gallerie“ in der Pionierkasernenmauer, „Ostparksessions“ sowie das sogenannte „Vorgartenamt“ im Straßenbegleitgrün.
Mitglieder des wachsenden Vereins Parkhaus e.V. sind sowohl Einzelpersonen als auch Vereine, wie zum Beispiel Kontakt e.V., der Architekturkreis oder der Bürgerverein Süd-Ost. Darüber hinaus sollen auch möglichst viele Freiwillige für den Betrieb der Kulturbaustelle und der Parkversorgung und natürlich noch viele weitere Vereinsmitglieder gewonnen werden. Ausgesprochener Wunsch ist es, auch Bürger:innen mit Migrationshintergrund, die in hoher Zahl rund um den Ostpark herum leben, miteinzubeziehen.
Zugegeben, das hört sich alles ziemlich phantastisch an, aber alle Skeptiker:innen möge dieser Hinweis zum Nachdenken anregen: Die REGENBURGER ELTERN, die heuer ihren 50. Geburtstag feiern dürfen, starteten ihr damals utopisches Projekt. Sie wollten einen in Eigeninitiative organisierten Kindergarten im Regensburger Stadtpark betreiben und das in der leerstehenden Aussegnungshalle für den längst aufgelassenen Friedhof. Bis zu der für dieses Jahr geplanten Sanierung fand der Kindergartenbetrieb über 49 Jahre in diesem Gebäude statt. Der Stadtparkkindergarten wurde zur Institution.