Familienpolitik, Freizeit

Spielleitplanung in Regensburg – (k)ein Kinderspiel

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Verena Riehl

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Kinder und Jugendliche brauchen Freiräume zum Spielen: altersgerecht, anregend, vielfältig und wohnortnah. Spielleitplanung ist ein strategisches Instrument für eine kinder- und jugendfreundliche Stadtplanung und -entwicklung. Wir haben mit Anna Schledorn vom Amt für kommunale Jugendarbeit über die Vorteile und Herausforderungen gesprochen, wenn Kinder auch mal mitreden dürfen.

Spielleitplanung ist ein strategisches Instrument für eine kinder- und jugendfreundliche Stadtplanung und -entwicklung. Kinder werden dabei systematisch an der Analyse und den Planungen beteiligt. Ein Element der Spielleitplanung sind die zahlreichen Spielplätze, die von Kindern für Kinder gestaltet werden und so einen ganz besonderen Charme erhalten. Verantwortlich für die Spielleitplanung in Regensburg ist Anna Schledorn vom Amt für kommunale Jugendarbeit. Im Interview gibt sie uns einen Einblick in das Verfahren und die schon umgesetzten Maßnahmen.

Frau Schledorn, wie läuft die Spielleitplanung in Regensburg ab?

ANNA SCHLEDORN: Unter Federführung des Amts für kommunale Jugendarbeit führt eine Arbeitsgruppe mit Beteiligung des Jugendhilfeausschusses und verschiedener Fachämter der Stadtverwaltung zusammen mit Einrichtungen für Kinder und Jugendliche die Spielleitplanung durch. Zuerst gehen die Fachleute mit Kinder- und Jugendgruppen durch den Stadtteil und lassen sich alle Wege, Spielorte, Aufenthaltsorte, Angstorte etc. zeigen. Zusätzlich wird eine Befragung durchgeführt, bei der die Kinder alles in eine Karte einzeichnen. Sie beschreiben auch, was sie in ihrem Umfeld verbessern würden. Darüber hinaus wird der Stadtteil von Fachkräften aus professioneller Sicht analysiert. All diese Ergebnisse werden zusammengeführt und Lösungen erarbeitet. Wenn die Maßnahmenempfehlungen der Arbeitsgruppe vom Jugendhilfeausschuss bzw. Stadtrat verabschiedet wurden, werden die Maßnahmen Schritt für Schritt umgesetzt.

Kinderfreundlich oder autofreundlich? Wie wichtig ist Verkehrsplanung bei der Spielleitplanung?

Verkehrsplanung ist sehr wichtig. Ziel ist es, den Verkehr so zu gestalten, dass Kindern und Jugendlichen eigenständige Mobilität ermöglicht wird. Deshalb untersucht die Spielleitplanung sowohl alle Freizeit- als auch alle Schulwege. Anhand der erstellten Karten können wir diese Wege mit den problematischen Orten vergleichen und so beispielsweise Kreuzungen identifizieren, an der viele Kinder Probleme mit dem Verkehr haben.

Für die Innenstadt und das Kasernenviertel gibt es schon Spielleitplanungen. Welche Maßnahmen wurden bereits umgesetzt?

Es sind so viele Maßnahmen umgesetzt worden, dass es hier zu weit führen würde, alle zu beschreiben. Deshalb nenne ich hier nur ein paar Beispiele: Freigabe des Alleengürtels und der Altstadt für den Radverkehr, Neubau des Spielplatzes Hundsumkehr, Spielpunkte in der Altstadt und vieles mehr. Im Kasernenviertel wurde beispielsweise der neu entstandene Stadtteil im Bereich der Nibelungenkaserne mit viel Grün und Spielflächen gestaltet. Der Brixenpark mit attraktiven Jugendspielflächen kann bereits genutzt werden. Zusätzlich wird dieses Jahr noch eine inklusive Kinderspielfläche gebaut. Auch der Bauspielplatz der Regensburger Eltern war eine Maßnahmenempfehlung der Spielleitplanung. Dieses Jahr soll übrigens mit der Spielleitplanung in Reinhausen und Weichs begonnen werden.

Auch ein Teil der Spielleitplanung: der Bauspielplatz der Regensburger Eltern

Der Spielplatz „Studentenwiesel“ beim Hallenbad wurde unlängst saniert. Wie erfolgte die Kinderbeteiligung bei der Neugestaltung?

Der Spielplatz wurde mit Kindern aus dem Altstadthort geplant. Sie haben sich intensiv damit auseinandergesetzt, wie sie gerne draußen spielen und was sie dafür brauchen. Dann haben sie ein Modell gebaut, in dem sie die Spielabläufe konkret festgelegt haben, also zum Beispiel überlegt haben, wie sie auf den Römerturm rauf- und runterkommen wollen, und welche Funktionen die Geräte haben sollen. Und so wurde dann der Spielplatz gebaut.

"Wenn die Kinder ihren Spielplatz planen dürfen, dann sind sie stolz auf das Ergebnis und gehen gut damit um."

Wodurch unterscheidet sich Ihrer Meinung nach ein Spielplatz, der zusammen mit Kindern entworfen wurde, von einem, der nur von Erwachsenen geplant wurde?

Die Spielplätze, die Kinder mit uns entwerfen sind alle sehr individuell. Die Kinder lieben verspielte Details und spannende Spielabläufe. Es gibt durchaus Planer, die viel Erfahrung haben mit den Wünschen und Bedürfnissen von Kindern und schöne Spielplätze planen. Aber wenn die Kinder ihren Spielplatz planen dürfen, dann sind sie stolz auf das Ergebnis und gehen gut damit um. Sie lernen so auch, dass es sich lohnt, sich zu beteiligen und einzubringen. Außerdem ist mir aufgefallen, dass die Kinder sich immer auch Naturelemente wünschen. Also Büsche, Steine, Holzstämme, Sand, Wasser, Blumen, etc. Unser Gartenamt legt zum Glück viel Wert auf eine bespielbare Begrünung und Naturelemente auf städtischen Spielplätzen.

Nicht alle Ideen der Kinder sind umsetzbar. Wie schafft man es die Vorstellungen der Kinder zum Beispiel mit Sicherheitsanforderungen in Einklang zu bringen?

Kinder haben eine unglaubliche Phantasie, aber sie sind nicht dumm. Wenn man es ihnen kindgerecht erklärt, verstehen sie sehr wohl, warum es welche Sicherheitsanforderungen gibt. Auch kann man Kindern erklären, dass ein bestimmtes Budget und die Fläche für den Spielplatz nicht überschritten werden dürfen. Wichtig ist, dass die Landsschaftsarchitekt:innen, die den Spielplatz konkret planen, von Anfang an bei der Beteiligung dabei sind. Ist eine Idee nicht umsetzbar, kann man das direkt im Planungsprozess erklären. Dadurch bekommen die Kinder die Kompetenz, diese Regeln zu berücksichtigen und eigene Kompromisse zu erarbeiten.

Der Spielplatz am Studentenwiesel nahe des Hallenbads wurde ebenfalls von Kindern geplant. (Foto: Verena Riehl)

"Langfristig rechnen sich diese Kosten, da die Spielplätze gut angenommen werden und Verantwortungsgefühl vorhanden ist."

Für die Einbeziehung der Kindersicht ist doch bestimmt ein größeres Budget erforderlich?

Ja, Kinderbeteiligung kostet Geld, weil es einen erhöhten Personalaufwand bedeutet. Man braucht pädagogisches und fachplanerisches Fachpersonal, das sich die Zeit nimmt, mit den Kindern die Beteiligung durchzuführen. In Regensburg ist es uns wichtig, diese Zeit und das Geld dafür zu investieren. So wurde per Stadtratsbeschluss im Rahmen der Spielleitplanung verbindlich festgesetzt, dass Kinder bzw. auch Jugendliche an den Spielplatzplanungen beteiligt werden müssen. Die Mehrkosten müssen bei Neubaugebieten die Bauherren/Investoren mitfinanzieren. Langfristig rechnen sich diese Kosten, da die Spielplätze gut angenommen werden und Verantwortungsgefühl vorhanden ist. Darüber hinaus darf man auch die politische Bildung durch eine Beteiligung nicht unterschätzen.

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