"Mama/Papa, darf ich ans iPad oder was gucken?" – diese Frage kennen wohl alle Eltern, aber welche Antwort ist die richtige? Das sagen unsere Expert:innen.
Wir haben zwei Kinder, Luise (5,5 Jahre) und Malte (2,5 Jahre). Uns ist wichtig, dass sie draußen sind, auch mal alleine spielen, malen, Bücher anschauen oder lesen und sich auch mal langweilen. Während der Corona-Pandemie haben die Medien immer mehr Einzug in unseren Alltag gewonnen. Da mein Mann und ich uns im Homeoffice mit Zeitfenstern zum Arbeiten abwechseln und dazu noch Haushalt neben der Rund-um-die-Uhr-Kinderbetreuung organisieren mussten, haben wir den Kindern nahezu täglich das Tablet mit Kinderfernsehen angemacht. So ein bisschen kann ja nicht schaden, dachten wir. Außerdem hatte die Fünfjährige viel Spaß mit einer Spiele- und Lern-App. Nun merken wir, dass es schwierig ist, die Kinder wieder von dem täglichen „Anschauen“ – wie unser Kleiner sagt – zu entwöhnen. Außerdem sind wir auch froh, wenn wir mal Ruhephasen haben, um Nudeln zu kochen oder Wäsche aufzuhängen. Wieviel Medienzeit ist gut für unsere Kinder? Und wie bekommen wir sie dazu, sich auch mit anderen Dingen zu beschäftigen?
1Regeln aufstellen und Alternativen anbieten
Zunächst möchte ich mein vollstes Verständnis für Ihre Lage ausdrücken! In den Zeiten des Lockdowns waren Eltern mit kleinen Kindern wirklich extrem eingeschränkt, und auch den kreativsten sind irgendwann die Ideen ausgegangen. Nun muss man aber wieder zurück zum Vernünftigen. Die offiziellen Empfehlungen lauten ja bis 3 Jahre gar kein Medienkonsum, bis 6 Jahre dann 30 Minuten pro Tag. Lebensnäher ist es sicher, wenn Sie als Eltern sich überlegen wieviel und vor allem welche Art von Medien Sie zulassen und auch konstruktiv nutzen möchten und dann die Regeln dafür aufstellen. Denn mit dem Zeitgefühl ist das bei Kindern so eine Sache. Zum Beispiel können Sie festlegen „solange ich in der Küche/am Schreibtisch bin dürft ihr xy schauen“. Informieren Sie sich auf Seiten wie schau-hin.info oder flimmo.de über angemessene Filme und Apps für Ihre Kinder und überprüfen Sie diese auch selber. Und denken Sie daran. Kinder lieben Wiederholungen! Somit können Sie gefahrlos zum x.ten mal
die Lieblingsserie Ihrer Kinder laufen lassen. Und bieten Sie Ihnen Alternativen und hinterfragen auch den eigenen Medienkonsum. Also gehen Sie spazieren, auf den Spielplatz, usw. und kündigen ruhig auch an das eigene Handy in der Tasche oder gar ganz daheim zu lassen. Wichtig ist hierbei, wie so oft in der Erziehung, dass Sie Regeln aufstellen und auch umsetzen. Natürlich können Sie diese bis zu einem gewissen Grad erklären. Aber es kommt auch der Punkt, an dem Eltern sagen dürfen und müssen, wo die Grenzen sind.
2Es gibt keine pauschalen Lösungen
Anfang Februar habe ich eine Podiumsdiskussion zum Thema „Digital von Geburt an“ moderiert. Dabei wurde schnell klar, dass es beim Thema Medienkonsum keine pauschalen Lösungen gibt, weil alle Kinder unterschiedlich sind: manche fürchten sich schon beim Sandmann, andere können auch nach einer spannenden Serie sofort einschlafen. Medien üben eine große Anziehungskraft auf Kinder aus und je jünger sie sind, desto mehr sind sie darauf angewiesen, von uns Eltern Alternativen angeboten zu bekommen. Das kann aber auch das gemeinsame Wäsche aufhängen oder Nudel kochen sein! Haben Ihre Kinder einen Medien-Held:in, den sie besonders gerne mögen? Dann könnten sie mit ihnen vereinbaren, dass sie ein Folge anschauen „dürfen“ und danach ein Bild von ihrem Helden malen oder sich wie die Heldin verkleiden oder die Geschichte zusammen nachspielen „müssen“. Interessieren Sie sich dafür, was Ihre Kinder gerne anschauen. Daraus können tolle Gespräche entstehen, ich erlebe das bis heute, wenn ich mir die verschiedenen Fortnite-Charaktere erklären lasse.
3Interesse an Medien ist nichts schlechtes
Ihre Frage nach Medienzeit und dem richtigen Umgang mit Tablet, Smartphone und Internet beschäftigt sehr viele Eltern – und seit der Pandemie noch mehr. Toll, dass Sie sich trotz der Doppel- und Dreifachbelastungen durch Homeoffice, Kinderbetreuung, Haushalt und Alltagsbewältigung so viele Gedanken um den Medienkonsum Ihrer Kinder machen und selber bemerkt haben, dass Luise und Malte sich doch sehr an die Tablet Nutzung gewöhnt haben. Wie immer bei Erziehungsfragen gibt es keine ganz einfachen Lösungen, aber doch inzwischen gute Tipps für Eltern, die Orientierung beim Thema Medienkonsum bieten können. Einfach nur eine Zeit festzulegen, in der Ihre Tochter mit der App spielen kann, wird nicht reichen. Bei Kindern von 3 bis 6 Jahren wird empfohlen nicht mehr als höchstens 30 Minuten Zeit mit Bildschirmmedien und diese zusammen mit den Eltern. Für Kinder unter drei Jahren am besten gar nicht. Als Mutter weiß ich, dass diese Empfehlungen wenig realistisch sind. Außerdem ist das Interesse der Kinder an diesen Medien ja grundsätzlich nichts schlechtes und gut ausgewählte Spiele- Apps, die zunächst gemeinsam mit den Eltern erkundet werden und auf kindersicheren Geräten genutzt werden, schaden auch Vorschulkindern nicht. Und das gemeinsame Kinderfernsehen von Malte mit seiner Schwester auf dem Tablett stellt auch keine Gefahr dar, wenn einige Regeln von den Eltern befolgt werden. Außerdem gibt es Situationen, in denen Eltern sich ganz auf eine Aufgabe konzentrieren können müssen, wie z. B. bei einem Telefonat oder auch beim Autofahren. Hier kann der Einsatz von kindgerechten Medien („Kinderfernsehen“) eine echte Hilfe sein. Es kommt also auf die Einbettung der Mediennutzung in das Familienleben und die Interaktion zwischen Eltern und Kindern an.
Titelbild gemalt von Klara (10)