Mit der Aufnahme des Spielbetriebs des Regensburger Stadttheaters im Februar 2022 im Antoniushaus hat der Regensburger Süd-Osten einen echten kulturellen Hingucker bekommen.
Matthias Schloderer, kaufmännischer Direktor und Michael Hübner, technischer Direktor vom Theater Regensburg berichten wie es zum Umzug des Theater Regensburgs kam und geben einen Ausblick auf die kommenden Jahre.
Wann war klar, dass Sie für das Velodrom eine Ausweichstätte brauchen und wie lange planen Sie im Antoniushaus zu bleiben?
Insbesondere die gestiegene Anforderungen an den Brandschutz führten dazu, dass das Velodrom seit Januar 2022 nicht mehr als Spielstätte genutzt werden kann. Die Stadt musste die Sanierung nun um vier Jahre verschieben, da andere Investitionen als wichtiger priorisiert wurden. Somit wird das Antoniushaus nach momentanem Stand bis mindestens 2029 als Ausweichspielstätte benötigt werden.
Wie sind Sie auf den Standort Antoniushaus gekommen?
Im Rahmen der Suche nach einer Ersatzspielstätte wurde dem Theater seitens der Stadtverwaltung unter anderem das Antoniushaus vorgeschlagen.
Wie war die Zusammenarbeit zwischen dem Investor Herrn Kotz, dem Theater, der städtische Verwaltung, dem Denkmalschutz und Brandschutz und allen anderen Beteiligten?
Das Theater als erster Nutzer nach der Sanierung wurde von Anfang an in alle Planungen mit einbezogen. Das begann bei den ersten Architekturplanungen, zum Beispiel bei der Frage, wo das notwendige zweite Fluchttreppenhaus eingebaut werden soll. Die Zusammenarbeit setzt sich in den über 2 Jahre dauernden wöchentlich stattfindenden Planer-Jour fixes und den regelmässigen Besprechungen auf der Baustelle fort.
Mussten Sie Kompromisse bei der neuen Spielstätte eingehen und gibt es auch Vorteile im Vergleich zum Velodrom?
Die Spielstätte ist kleiner (ca. 150 Plätze weniger als im Velodrom) und liegt natürlich weniger zentral. Andrerseits wird hier das angestrebte Ziel, Kunst und Kultur auch in Viertel außerhalb der Altstadt zu bringen, endlich umgesetzt.
Was sind die größten Stärken und Schwächen des neuen Hauses? Gibt es genügend ÖPNV und Parkplätze und wie ist das Gastronomie Angebot?
Natürlich ist das Haus kein glitzerndes Barocktheater und hat auch nicht das Flair des 1897 von Simom Oberdorfer als Radsporthalle gebauten Velodroms. Aber Theater muss auch nicht immer diese Fallhöhe bieten und ist so auch für andere Publikumsschichten attraktiv. Ein wichtiges Manko ist sicherlich der fehlende „Orchestergraben“, größere Musiktheaterprojekte sind im Antoniushaus daher unmöglich. Die Spielstätte ist bestens durch den RVV mit zwei direkt vor Ort haltenden Linien und den naheliegenden Hauptbahnhof (ca. 900m) erschlossen, Parkplätze sind im Umfeld ebenfalls ausreichend vorhanden. Das Kneitinger im Antoniushaus ist sehr liebevoll renoviert und neu gestaltet worden. Seit der Eröffnung wird es sehr rege besucht. In den Pausen gibt es wie im alten Haus auch ein eigenständiges gutes Getränkeangebot, das von der Gaststätte mit betrieben wird.
Gibt es Projekte die man nur außerhalb der engen Altstadt machen kann?
Theater kann immer und überall stattfinden – wichtig ist, dass es einen bewegt und erreicht. Theater darf nicht nur in der Altstadt im Sinne einer sogenannten „Hochkultur“ stattfinden, insofern ist das Ausweichquartier ein glücklicher Zufall. Mit der Premiere von Brechts „Die Dreigroschenoper“ von 1928, die ja auch nicht gerade im allerfeinsten Millieu spielt, ist ein Auftakt gelungen, der die Möglichkeiten von Musik und Theater in diesem Haus aufzeigt.
„Nachbarn“ von Herrn Uhl ist eine Auftragsarbeit, die konkret für den Südosten produziert wurde. Was war der Hintergrund dieser Produktion?
Das Kasernenviertel, in dem das Antoniushaus liegt, ist und war ein Stadtteil, in dem immer wieder neue Stadtbewohner:innen ankommen und eine hohe Fluktuation herrscht. Das Theater Regensburg möchte von diesen zahlreichen Geschichten des Ankommens lernen. In Gesprächen und Begegnungen hat das Regieteam im Stadtteil recherchiert und dann das Kasernenviertel mit den Geschichten des Viertels selbst zur Bühne gemacht. Was bedeutet Nachbarschaft? Wie funktioniert Zusammenleben? Und was macht das Regensburger Kasernenviertel und das Gebiet um das Theater im Antoniushaus aus? Die mobile Theaterproduktion hat dazu eingeladen, den (eigenen) Stadtteil neu zu entdecken. Alle Veranstaltungen waren überbucht. Das Interesse riesig und kam beim Publikum sehr gut an.
Hat das Antoniushaus genügend Flair für ein Theater? Welches erste Resumée würden Sie nach etwa vier Monaten Spielzeit ziehen?
Die Spielstätte wird hervorragend angenommen, auch unsere Abonnenten haben die ersten Vorstellungsaufrufe mit großer Neugier und Begeisterung wahrgenommen.
Haben Sie Wünsche an die Bewohner:innen des Viertels?
Danke, dass wir bei Ihnen im Viertel unseren kulturellen Beitrag leisten dürfen – Sie sind immer sehr herzlich bei uns willkommen!