Der Geburtstag ist der Ehrentag eines Kindes – aber braucht es dafür wirklich Tröten, Zuckerbomben und Plastikspielzeug für alle? Eine Mutter fragt sich (und uns), ob sie auf den ganzen Mitgebsel-Trubel verzichten kann. Das sagen unsere Expertinnen.
Mein Sohn ist seit diesem Schuljahr in der ersten Klasse. In den letzten Wochen kam er immer mal wieder mit einer „Mitgebsel-Tüte“ nach Hause, da einige Kinder Geburtstag hatten. In den Tüten waren oft reichlich Süßigkeiten und kleine Geschenke wie Stifte, Tröten etc. Ihn hat’s natürlich (kurz) gefreut – aber ich finde das schlicht überflüssig. Denn aus seinen Erzählungen weiß ich, dass das Geburtstagskind in der Klasse sehr schön gefeiert wird: es darf sich aussuchen wer neben ihm im Geburtstagskreis sitzt, es bekommt eine Geschichte vorgelesen und ein kleines Geschenk von der Lehrerin. Da braucht es doch wirklich keine Muffins und keinen Mitgebsel-Kram dazu, der ja auch Mühe und Geld kostet und oft rasch im Müll landet. Nun will ich dieses „Ritual" also eigentlich nicht mitmachen, mir ist aber auch klar, dass ich damit meinen Sohn an seinem Geburtstag vielleicht in eine unangenehme Lage bringen. Haben Sie einen Tipp?
1Weniger Tütchen, mehr Wertschätzung
Eigentlich haben Sie selbst schon alles sehr gut zusammengefasst: Die Freude über diese Tüten ist meist nur von kurzer Dauer. Dann landen die Plastikteile im Müll und die Süßigkeiten sind längst verputzt. Ist das wirklich das, was wir unseren Kindern vermitteln wollen? Und warum müssen am Geburtstag eines Kindes auch alle anderen beschenkt werden? Vielmehr geht es doch darum das eine Kind an seinem Ehrentag zu feiern und das scheint die Lehrkraft ja sehr wertschätzend und in angemessenem Rahmen zu zelebrieren. Also stehen Sie zu ihrer Meinung und sprechen Sie auch mit ihrem Kind darüber. Ihr Sohn denkt vielleicht genauso und kann sich dementsprechend vor seiner Klasse behaupten – wenn das überhaupt nötig wäre. Und mit Sicherheit folgt Ihnen dann die ein oder andere Mutter, die sehr dankbar sein wird, dass Sie den ersten Schritt getan haben. Ihren Sohn wird das sicherlich stärken und darin bestätigen, dass an seinem Geburtstag er im Mittelpunkt steht und sich seine Mitmenschen darüber freuen, dass es ihn gibt – und nicht über irgendwelche „Mitgebsel“. Unter Umständen könnten Sie das Thema auch bei der Lehrkraft ansprechen. Wir hatten im Kindergarten auch eine Zeitlang das Problem, dass einzelne Kinder solche Tüten mitbrachten. Ich war sehr froh, als mich Eltern darauf ansprachen und wir das dann allgemein abschaffen konnten – von den anderen Eltern kam nur positives Feedback.
2Wie Schulen mit kreativen Ideen feiern
An unserer Schule wird aus folgenden Gründen auf ein Mitbringen von Süßigkeiten oder Kuchen am Geburtstag verzichtet: Es steht natürlich der gesundheitliche Aspekt im Vordergrund, allem voran die Vermeidung von zu viel Zucker. Außerdem sind die Kinder auch zunehmend mit Allergien belastet und Gebäck kann für sie mitunter zur Gefahr werden. Des Weiteren achten wir mit dieser Aktion auf soziale Gerechtigkeit, da nicht jedem Kind von zuhause Present-Süßigkeitentüten mitgegeben werden (können). Und schließlich ist uns auch wichtig, dem Konsumverhalten etwas entgegen zu setzen und das Geburtstagskind lieber mit einer kleinen freudigen Aktion zu feiern. Hierfür hat jede Klasse einen bestückbaren Geburtstagswürfel mit wechselnden "Geschenkkarten", beispielsweise "Du darfst heute 10 Minuten am Lehrerpult sitzen", "Du darfst morgen dein Lieblingskuscheltier mitbringen" oder "In der nächsten Sportstunde darfst du dir ein Spiel wünschen". So wird die Schule zudem zum Lebensort, der freudige Erlebnisse ermöglicht.
3Kreative Erinnerungen statt teurer Geschenke
Die immer größeren und teuren Gastgeschenke an Kindergeburtstagen führen manchmal zum Wettbewerb zwischen den Familien und macht sicherlich vielen zur Planung der Feier auch noch zusätzlichen Druck. Bestimmt möchte keine Mama und kein Papa die einzigen sein, die für ihr Kind nicht bei diesem "Trend" mit machen und grundsätzlich dagegen sind. Jedoch finde ich, kann man dem Ganzen etwas entgegen wirken. Das Gastgeschenk kann Teil des Unterhaltungsprogrammes für die Kinder sein: zum Beispiel Stofftaschen bemalen lassen, zusammen Kerzen gießen, Ketten fädeln, eine Blume im Topf aussähen etc. So gibt man den Gästen eine schöne Erinnerung mit auf den Weg, jeder kann sich auch später noch mit Freude an den Tag erinnern und keiner geht mit leeren Händen nach Hause. Trotzdem finde ich, sollte es von jedem die freie Entscheidung sein, ob man bei einem solchen Trend mit geht oder nicht, ohne später verurteilt zu werden.
4Mit Klarheit und Werten neue Geburtstagsrituale schaffen
Ihre Frage zu den Mitgebsel-Tüten am Geburtstag möchte ich gerne einmal kurz und einmal ausführlich beantworten. Die kurze Antwort lautet: „Ja. Wir können solche Tüten sein lassen.“ Wie Sie auch schrieben, wird am Geburtstag das Geburtstagskind selbst gefeiert und in den Mittelpunkt gestellt. Umso schöner, wenn die Lehrkraft dies auch mit Ritualen und kleinen Würdigungen tut. Die Mitschüler:innen dürfen sich bei dieser Feier an all dem ebenso erfreuen, brauchen dabei aber nicht zusätzlich beschenkt werden. Denn in unseren Breitengraden sind in der Regel die meisten Kinder mit Süßigkeiten oder Spielzeug (über)versorgt.
Aber um drei ganz konkrete Tipps zu nennen: 1. Suchen Sie sich Gleichgesinnte. Wenn andere Eltern das ähnlich sehen und handhaben, ist Ihr Kind nicht mehr das einzige, das keine Geschenktütchen mitbringt. 2. Suchen Sie das Gespräch mit der Lehrkraft. Womöglich lässt sich sogar ein allgemeines Vorgehen erarbeiten (mit kleinem Elternbrief anschließend), bei dem ein Rahmen für Geburtstage gesteckt wird (z. B. Kuchen/Muffins ja – Geschenktüten nein). 3. Gehen Sie ins Gespräch mit Ihrem Kind und vermitteln Sie Ihre Werte: Sie möchten Geburtstage für das Geburtstagskind feiern und dieses beschenken – nicht umgekehrt. Sie wollen nachhaltig leben und nicht unnötiges Spielzeug weiterschenken. Sie wollen den Schwerpunkt auf das gemeinsame Feiern, Singen und Würdigen des Ehrentags legen und finden, dass dies das größte Geschenk sein darf.
Titelbild gemalt von Klara (13)
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