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Trennung: Wie sage ich es meinem Kind?

von Regensburger Eltern

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Wenn Eltern sich trennen, gerät auch die Welt der gemeinsamen Kinder ins Wanken. Wie kann man die Trennung und die daraus entstehenden Konsequenzen altersgerecht erklären? Was ist für Kinder in dieser sensiblen Zeit besonders wichtig? Das sagen unsere Expertinnen.

Nach einer sehr schwierigen Phase haben mein Partner und ich entschieden, dass wir uns trennen werden. Wir wollen und können nicht mehr miteinander leben. Wir haben einen 4,5 Jahre alten Sohn, der sehr sensibel ist. Zu seinem Wohle haben wir uns vorgenommen, trotz der vielen Konflikte und Streits in letzter Zeit in Sachen Erziehung fair und konstruktiv miteinander umzugehen.

Durch die Trennung wird sich in nächster Zeit natürlich viel für unseren Sohn ändern. Sobald er eine Wohnung gefunden hat, wird sein Vater ausziehen. Jetzt mache ich mir Gedanken, wie wir ihm die Trennung und die daraus entstehenden Konsequenzen altersgerecht erklären können. Was ist für meinen Sohn in dieser sensiblen Zeit besonders wichtig und wie kann ich ihm den Übergang leichter machen?

1Kinder brauchen Rituale und klare Grenzen

Es ist gut und wichtig, dass Sie Ihren Sohn im Blick behalten. Sagen Sie ihm, dass er keine Schuld hat. Auch für ihn ist eine Trennung ein schlimmes Ereignis, und es ist völlig normal, dass er darauf zum Beispiel mit Wut und Trauer reagieren wird.
Wenn die Trennung von den Eltern beschlossen ist, sollten sie es dem Kind möglichst früh sagen, da die Kinder die Spannungen spüren und sie auf sich beziehen.
Erklären Sie, was sich konkret in der Lebenssituation verändert. Das Kind braucht keine Gründe für die Trennung, weil es sonst in einen Loyalitätskonflikt gerät, das heißt das Gefühl bekommt, für einen Elternteil Partei ergreifen zu müssen.
Mit 4,5 Jahren muss das Kind wissen, dass es Mamazeit und Papazeit gibt und es beide Eltern weiter liebhaben darf. Um Verlust- und Trennungsängsten vorzubeugen, braucht das Kind altersrelevante Informationen, zum Beispiel wann es den anderen Elternteil wiedersieht oder ob es das Kuscheltier zum anderen Elternteil mitnehmen darf.
Gerade in dieser schwierigen Zeit brauchen Kinder Rituale und klare Grenzen, um Sicherheit und Orientierung zu haben.

Nicola Bock

2Gefühle der Kinder ernst nehmen

Die beste Rahmenbedingung für Kinder, deren Eltern sich trennen, ist schon mal Ihrer beider Vorsatz, in Sachen Erziehung fair und konstruktiv miteinander umzugehen. Selbst wenn die Umsetzung im Alltag immer mal wieder auf die eine oder andere Probe gestellt werden wird, haben Sie sich beide vorgenommen, Partner- und Elternebene auseinanderzuhalten. In regelmäßigen Elterngesprächen unter vier Augen können sie drüber sprechen, zu welchen Gelegenheiten Ihnen das schon gut gelingt und wo noch Luft nach oben ist. Nicht als Vorwurf formuliert („Du…“), sondern als Ich-Botschaft.
Dass Sie Ihren Sohn als sehr sensibel beschreiben, zeigt mir, dass sie seine Gefühle, welche auch immer, ernst nehmen und respektieren. Und so sollen sie es auch in der Trennungssituation weiterhalten. Kein Kind freut sich, wenn ihm die Elterteile sagen, dass eine/r der beiden in eine andere Wohnung ziehen wird. Er wird – zurecht – emotional reagieren und Sie werden seine Gefühlsäußerungen benennen, zu verstehen versuchen, beruhigen und trösten. Und vor allem versichern, dass beide Elternteile weiter für ihn da sind, auch wenn sie beschließen, besser nicht mehr zusammen zu wohnen. Sie erzählen Ihrem Sohn, dass er auch in der neuen Wohnung des Vaters einen gemütlichen Platz haben wird und immer, wenn er möchte, den anderen Elternteil anrufen oder besuchen darf, wenn das gerade möglich ist. Kindergartenkinder haben vielleicht schon mitbekommen, dass auch andere Kinder in der Gruppe getrennte Eltern haben. Das erleichtert das Hineinwachsen in den neuen Familienmodus meist beträchtlich. Hilfreich ist auch, wenn die bisherige Alltagsnormalität (gleicher Kindergarten, Kontakt zu den Großeltern etc.) so umfassend wie möglich erhalten bleiben kann.
Die Trennung der Eltern stellt, wenn sie trotz schwelender oder auch ausgetragener Partnerkonflikte (Kinder spüren solche Schwingungen schon sehr früh, ohne Worte dafür zu haben) auf der Elternebene feinfühlig begleitet wird, kein Trauma für die Kinder dar, nur eine Herausforderung, an der sie bestenfalls auch wachsen können.
Traumafolgestörungen entwickeln betroffene Kinder nur dann, wenn sich Mutter und Vater im Beisein des Kindes negativ über den/die jeweils andere/n äußern, wenn sie aus erlittenen Kränkungen und alten Wunden heraus nicht ertragen können, dass sich ihr Kind beim jeweils anderen wohl fühlt, ihn/sie liebt, vermisst, sich auf sie/ihn freut.
Hier heißt es, die eigenen „unterirdischen“ Gefühle (wie Eifersucht, Verlustangst, Wut etc,) selbst oder im Gespräch mit vertrauten Dritten zu verstoffwechseln, sie nicht in Handlungen umzusetzen (z.B. aus Rache Besuchszeiten kürzen, verletzende Mails schreiben etc.) und die Loyalität des Kindes zum anderen Elternteil immer zu würdigen und zu begrüßen. Das ist freilich nicht immer leicht, aber so wichtig, dass es sich lohnt, als Erwachsene daran zu arbeiten.
In meiner Praxis habe ich leider oft die psychischen Folgen für die betroffenen Kinder aus hochstrittigen Trennungsverläufen der Eltern erlebt. Selbst als Therapeutin bewegt man sich, wie das Kind selbst, in den Elterngesprächen auf sehr dünnem Eis. Kinder wie Helfer geraten sehr schnell in Loyalitätskonflikte, wenn sich zwischen den Eltern im Laufe der Trennungszeit ein Minenfeld gebildet hat. Eltern, die ihren Kindern das ersparen können und es vielleicht sogar schaffen, zu wichtigen Festen wie Geburtstagen, Kommunion oder Konfirmation und später Hochzeiten und Taufen zwar getrennt, aber den Kindern zuliebe zeitgleich erscheinen können, haben den Kindern die Herausforderung der Trennungszeit wesentlich erleichtert.

Heidi Zorzi

Titelbild gemalt von Klara (12)

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