Freizeit

Es grünt so grün: Gärten in der Stadt

Johann Brandl

Traumgarten oder Nutzgarten? Geht beides, sagt unser Autor Johann Brandl – auch wenn man mitten in Regensburg wohnt.

Viele Menschen, vor allem auch junge Familien, wünschen sich heute einen Garten und das am besten natürlich in der Stadt! Aber was ist ein „schöner Garten“? Da findet man super-gestylte Gärten, bei denen dem erlesenen Publikum die ganze Angebotspalette der Bau- und Gartenmärkte präsentiert wird. Der teuerste Grill, die raffiniertesten Ausstattungen mit bestem Granit. Der kürzeste englische Rasen und so weiter. Ja, auch diese Gärten sind „schön“. Eine andere Variante sind aufwändige mit exotischen, seltenen Pflanzen aufgerüstete Gärten, in welchen liebevolle kleine Details – mit Schildchen gekennzeichnet – und netten Sprüchen, Kunstwerke und Wasserspiele gezeigt werden. Auch die sind natürlich schön. Selten findet man heute noch die reinen Nutzgärten, in denen der größtmögliche Ertrag in sauber mit dem Lineal gezogenen Beeten produziert wird. Auch eine schöne Sache.

"Arbeiten musst Du von früh bis spät, sonst wird Dir nichts geraten; der Neider sieht nur das Blumenbeet, aber nicht den Spaten."

Der Königsweg ist für die heutige nachhaltig denkende Zeit am ehesten eine Mischform. Diese Gärten zeigen, wie man sich auch im innerstädtischen Raum auf wenigen Quadratmetern (zumindest im Sommer) fast autark mit Gemüse und Obst versorgen kann und Insekten und Lurchen, Vögeln und anderem Getier Lebensraum bieten kann. Ohne teure Baggerarbeiten kann man viel Regenwasser nutzen, nicht nur um Wasserkosten zu sparen, sondern auch um den Pflanzen weiches Wasser anzubieten und elegant schont man die Trinkwasserressourcen. Für die Kinder findet sich immer eine Spiel- und Tobeecke ein Sandkasten und später vielleicht ein Trampolin – denn ein Garten muß sich mit den Bedürfnissen mitentwickeln.

Bis vor gerade mal einer Generation dachten die meisten Menschen bei einem Stadtgarten vorwiegend an einen Nutzgarten mit viel Ertrag und dazwischen ein paar Blumen, einen Tisch zum Essen und Kaffee trinken und vielleicht eine Liege zum Ausruhen von der schweren Arbeit. Wohnungsnot ist kein neues Phänomen, die gab es auch schon vor 100 und mehr Jahren. Zum Beispiel auf dem Galgenberg, damals eine Elendssiedlung, die Barackensiedlung am ehemaligen Pulverturm, welche erst in der Mitte der 60er Jahre einer modernen Wohnbebauung weichen musste. Parallel dazu wurde dort auch die Kleingartenkolonie Landheim angelegt, welche insbesondere Erwerbslosen Beschäftigung, aber vor allem auch die Möglichkeit der Selbstversorgung sichern sollte.

Ein Paradies mitten in der Stadt

So ein Häuschen mit Grundstück erwarben K. und C. Mitte der 1990er Jahre und fanden noch jede Menge Relikte der ehemaligen Nutzung wie Ställe für Kleinvieh vor. Nein, das war nicht ihre Vorstellung von ihrem Traumgarten. Aber intensiver und natürlich giftfreier Gemüseanbau zur Eigenversorgung, kleinwüchsige, gut pflückbare Obstbäume, kleine Gewächshäuser für Tomaten und Gurken, Hochbeete für Gemüse und Kräuter, sollten es schon sein. Dazu ein kleiner Teich für Goldfische, Amphibien, Nist- und Trinkmöglichkeiten für Vögel und Insekten aller Art, Blühblumen für Bienen, ein Fledermauskasten, Regenwassernutzung und Rosen – Rosen – Rosen. Es wurde ein Paradies mitten in der Stadt, welches Besucher immer wieder in Verzückung geraten und ins Schwärmen kommen lässt. Aber vergessen wir nicht: Arbeiten musst Du von früh bis spät, sonst wird Dir nichts geraten; der Neider sieht nur das Blumenbeet, aber nicht den Spaten. Klar, das macht Arbeit, aber es macht auch Spaß und – das selbst Angebaute schmeckt einfach anders. Als Beispiel seien nur die Tomaten genannt: alte Sorten haben ihre speziellen geschmacklichen Vorzüge. Die Samen gibt‘s natürlich nicht mehr im Handel, die werden selber aus den Früchten separiert und mit Freunden in Stadt und Landkreis getauscht und damit experimentiert und damit auch der Nachwelt erhalten – wenn sie denn Interesse daran hat.

Nachwelt – auch das ist ein Thema: Leider ist zu beobachten, dass Grundstücke (nicht nur in Landheim) nach dem Tod der Besitzer in die Hände von Investoren fallen, welche zum Teil erbarmungslos abreißen und nachverdichten. Wo vorher zwei Familien in grüner Umgebung wohnten, sind es dann sechs oder gar acht Wohneinheiten mit Tiefgarage. Das ist die gute Seite. Aber: der Charakter der Siedlung verändert sich grundlegend. Das Grüne weicht, die Böden werden versiegelt, Stellplätze und Garagen entstehen. Das Mikroklima der Stadt wird wärmer

Um so schöner ist es wenn man einen dieser Traumgärten hin und wieder besuchen und anschauen kann, die eine oder andere Sonderzüchtung mit nach Hause nimmt und sich an den vielen Details erfreut. Klar, der Anfang ist nicht ganz leicht, aber über die Jahre wächst die Freude am Erfolg – täglich sieht, fühlt und schmeckt man ihn beim Blick aus dem Wohnzimmerfenster und mit jedem Schritt draussen. Ein Bild sagt mehr als tausend Worte, seht selbst.