Institutionen und Organisationen

Michlstift: Leuchtturm für das soziale Miteinander

Ulrike Hecht

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Im Bürgerstift St. Michael hat das neue "Menschen in Not"-Schutzhaus der Stadt Regensburg eröffnet. Im Interview erklären Dr. Volker Sgolik und Leiter Franz Dorner, wer hier Hilfe findet und wie das Angebot funktioniert.

Im Juli diesen Jahres wurde am westlichen Rand der Altstadt im Bürgerstift St. Michael (Michlstift) das neue „Menschen in Not“-Schutzhaus der Stadt Regensburg eröffnet. Dem vorangegangen war eine zweijährige Umbau- und Renovierungsphase des Gebäudes, in dem seit Ende der 80er Jahre bis 2015 ein Altenheim betrieben und im Anschluss bis zu 280 Flüchtlinge beherbergt wurden.

Wann entstand die Idee, ein „Menschen in Not“- Schutzhaus in Regensburg zu eröffnen?
DR. VOLKER SGOLIK (AMTSLEITER AMT FÜR JUGEND UND FAMILIE) UND FRANZ DORNER (ABTEILUNGSLEITER SPEZIALE SOZIALE DIENSTE/ GESAMTLEITUNG „MENSCHEN IN NOT“-SCHUTZ- HAUS): Die Ursprungsidee ist über zehn Jahre alt. Zunächst ging es uns vor allem darum, geeignete Räumlichkeiten für ein städtisches Kinderschutzhaus zu finden, um dem steigenden Bedarf im Bereich der Inobhutnahmen gerecht zu werden. Wir wollten eine sichere Zufluchtsstätte für vernachlässigte Kinder und Kinder mit Gewalterfahrung schaffen und ihnen Schutz und Sicherheit bieten. 2013 wurde uns das Michlstift als möglicher Ort vorgeschlagen und als wir bei der ersten Begehung in dem wunderschönen Innenhof standen, dachten wir, dass hier ein guter Ort ist, an dem traumatisierte Kinder Sicherheit und Ruhe erfahren können.

Im Michlstift sollen traumatisierte Kinder Sicherheit und Ruhe erfahren. (Foto: Stadt Regensburg/Stefan Effenhauser))

Für wie viele Kinder und Jugendliche gibt es Platz im Michlstift?
Insgesamt wurden 19 Wohnplätze für Kinder und Jugendliche geschaffen. Im „Kinderschutzhaus“ gibt es acht Plätze für Kinder zwischen 3 und 13 Jahren. Sie können dort maximal 18 Monate bleiben, bis sie entweder in ihre Familien zurückkehren können oder wir geeignete Pflegefamilien gefunden haben. Für hilfe- und schutzbedürftige Jugendliche und junge Erwachsene haben wir verschiedene Angebote: in der „vorläufigen Inobhutnahmestelle“ gibt es sechs Wohnplätze für minderjährige Jugendliche, beim Wohnen“ fünf Plätze speziell für Mädchen ab 16 Jahren.

Neben diesen Wohnplätzen gibt es noch verschiedene andere Angebote und Einrichtungen im Michlstift. Wie ist es zu diesem vielfältigen Nutzungskonzept gekommen?
2014/2015 sind wir fest davon ausgegangen, dass im Michlstift hauptsächlich Wohnraum für Flüchtlinge geschaffen wird. Nachdem die Anzahl der Flüchtlinge dann aber stark zurückgegangen ist, mussten wir uns über alternative Nutzungsmöglichkeiten Gedanken machen. Jetzt gibt es im Michlstift ein ganz vielfältiges Angebot sozialer Dienstleistungen.

Franz Dorner

Welche verschiedenen Angebote gibt es im Michlstift und wie funktioniert die Zusammenarbeit?

Neben den Wohnplätzen sind unter anderem der „Pflegekinderdienst“, die „Jugendschutzstelle“, eine „Beratungsstelle für zugewanderte Familien aus Osteuropa (HAJDE)“ und der „Kinderschutzbund“ im Michlstift untergebracht. Die kurzen Wege der verschiedenen Stellen erleichtern die Zusammenarbeit natürlich erheblich, gerade im Bereich der Inobhutnahmen merken wir das schon jetzt. Froh sind wir auch über das neue Angebot „Stadtteilprojekt West“, weil wir jetzt dezentral und direkt im Viertel niedrigschwellige Hilfen für sozial schwache Familien anbieten können. Zum Angebot zählen unter anderem Beratung bei Erziehungsfragen, Krisenintervention, die Vermittlung an geeignete Fachstellen und Elterngruppen. Die „Jugendberufsagentur“ bietet eine spezielle Beratung für Jugendliche an, die an der Schwelle zum Berufsleben stehen.

Dr. Volker Sgolik

Stimmt es, dass es im Michlstift auch Wohnraum für Auszubildende gibt?
Ja, wir arbeiten hier eng mit dem Amt für Schulen und dem Amt für Tagesbetreuung von Kindern zusammen. Im Michlstift gibt es insgesamt 20 Appartements, die wir an Blockschüler oder Erzieher-BerufspraktikantInnen – die ihre Ausbildung im verkürzten OptiPrax-Modell machen – vermieten. Mit dieser Maßnahme möchten wir einen Beitrag zur Gewinnung von Fachkräften in Regensburg leisten.

Das Michlstift befindet sich im Inneren Westen und damit in einem Filetstück von Regensburg und das in einem altehrwürdigem Gebäude. Hat das für Sie bzw. Ihre Klientel eine besondere Bedeutung?

Uns war wichtig, einen schönen und sicheren Ort zu schaffen und das ist im Michlstift sicherlich gelungen. Man darf aber nicht vergessen, dass das Haus nicht grundsaniert, sondern nur instandgesetzt wurde.

Schön und sicher – in den Räumen des Michlstifts sollen sich die Bewohner:innen vor allem wohlfühlen. (Foto: Stadt Regensburg/Stefan Effenhauser)

Im Vorfeld der Eröffnung gab es ja einige Kritik an der Schließung des Altenheims und dem geplanten neuen Nutzungskonzept. Bekommen Sie davor heute noch etwas mit?

Nein. Mit der Nachbarschaft sind wir gut im Kontakt und haben ein wirklich gutes Verhältnis. Zur offiziellen Eröffnung des „Menschen in Not“-Schutzhauses haben wir auch Nachbarn eingeladen. Einer von Ihnen hatte während der Bauphase regelmäßig den Rosenstrauch im Garten gegossen und uns davon ein Foto mit dem besten Wünschen überreicht. Das hat uns besonders gefreut.

Das „Menschen in Not“- Schutzhaus wurde im Juli 2019 offiziell eröffnet, sind heute alle Stellen besetzt und Plätze belegt?

Bei voller Belegung werden bis zu 50 Mitarbeiter:innen im „Menschen in Not“- Schutzhaus arbeiten bzw. wohnen. Im Februar diesen Jahres ist mit dem Kinderschutzbund die erste Institution eingezogen und jetzt füllt sich das Haus nach und nach. Wir sind sehr froh über die gebündelten sozialen Dienstleistungen und Hilfestellungen im Michlstift. Unsere Zukunftsvision ist, dass sich das „Menschen in Not"-Schutzhaus als Leuchtturm für das soziale Miteinander in der Stadt etabliert.

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