Seit 20 Jahren ist an der Bischof-Manfred-Müller-Schule kein Kind auf dem Schulweg verletzt worden – ein Erfolg, der ehrenamtlichen Verkehrshelfer:innen zu verdanken ist. Doch die Zahl der Freiwilligen sinkt.
Freitagmorgen, 7:45 Uhr an der Bischof-Manfred-Müller-Schule (BiMaMü) im Stadtwesten. Dicht an dicht drängen sich PKWs, Kleinbusse und Linienbusse durch den Weinweg, der auf einer Seite durch parkende Autos verengt wird. Dazwischen versuchen Schulkinder und Kleinkinder mit ihren Eltern die Straße zu überqueren.
Damit die Kinder trotz des dichten Verkehrs sicher in die Schule oder in die Kita kommen, dafür sorgen an der BiMaMü ehrenamtliche Lots:innen. Jeden Schultag – bei jedem Wind und Wetter.
Martin Loschik, Hausmeister an der BiMaMü, beobachtet konzentriert das Geschehen. Wenn er sieht, dass sich Fußgänger:innen nähern, nimmt er Blickkontakt mit anfahrenden Autofahrern auf und zeigt diesen an zu halte. Erst wenn das Auto steht, signalisiert er den Fußgängern, dass sie nun gefahrlos die Seite wechseln können. Mit Körperpräsenz sichert Loschik den Fußweg, ausgestattet und von weitem sichtbar mit Warnjacke und Kelle. Vor rund 20 Jahren war er daran beteiligt, den Lotsendienst an der BiMaMü ins Leben zu rufen; er war damals noch selbst im Elternbeirat. An der BiMaMü sind aktuell sowohl Erwachsene als auch Schülerinnen und Schüler ab der 7. Klasse im Einsatz als Lots:innen.
In Regensburg gibt es außer an der BiMaMü auch Lotsendienste an der Von-der-Tann Schule, der Prüfeninger Grundschule, der Grundschule St. Nikola, der Gerhardinger Grundschule, der Grundschule Burgweinting und der Konradgrundschule. Laut Polizei Regensburg sind aktuell ca. 180 Lots:innen registriert, und davon ca. 100 tatsächlich regelmäßig aktiv.
Leider sind die Lotsenzahlen jedes Jahr rückgängig und die Freiwilligen reichen nicht aus, um alle Termine lückenlos abzudecken. Hinzu kommt, dass die Anzahl der Lots:innen nicht gleichmäßig verteilt ist. An manchen Schulen gibt es mehr Freiwillige, während einige Schulen mit sehr wenigen auskommen müssen. Freiwillige sind also immer willkommen!
Einen Einblick in den Lotsen-Alltag und warum diese Aufgabe so wichtig ist, geben die folgenden Kurzinterviews mit engagierten Lots:innen und dem zuständigen Verkehrserzieher der Regensburger Polizei.
3 Fragen an… Martin Seyfert
Polizeihauptmeister und Ansprechpartner für die Lotsendienste bei der Polizeiinspektion Regensburg Süd
Warum sind die Schulwegdienste aus Ihrer Sicht so wichtig?
Schulwegdienste sind aus polizeilicher Sicht ein massiver Sicherheitsgewinn für unsere Kinder. Es gab in den letzten Jahren keinen einzigen Schulwegunfall an einem gelotsten Übergang.
Wie sind die Erfahrungen in Regensburg mit den Schulwegdiensten?
Die Erfahrung mit den Lotsendiensten in Regensburg sind durchweg positiv. Die Schüler- und Elternlotsen sind sehr engagiert und mit Eifer dabei. Leider sind die Lotsenzahlen rückläufig und die Schulen benötigen dringend „Nachwuchs“.
Wie wird man Lotsin oder Lotse und welche Voraussetzungen gibt es?
Schülerlotse kann jeder Schüler werden, der das 13. Lebensjahr vollendet hat (in Ausnahmefällen das 12. Lebensjahr), die Zustimmung der Eltern vorliegt, der Schüler geeignet ist und er eine Lotsenprüfung bestanden hat. Elternlotse kann jeder Erwachsene werden (auch wenn er kein Kind an der Schule hat). In beiden Fällen muss eine Einweisung der Polizei erfolgen. Melden können sich Interessierte bei den Schulleitungen der jeweiligen Schule.
Theresa und Johanna
Siebtklässlerinnen und seit diesem Schuljahr Schülerlotsinnen an der BiMaMü
Was war der Grund, dass ihr euch als Schülerlotsinnen gemeldet und die Prüfung gemacht habt?
Weil wir als Lotsinnen den Kindern helfen wollen, sicher über die Straße zu kommen und so weniger Unfälle passieren. Die Arbeit mit den Kindern macht Spaß, weil man den Kleineren hilft und sie sicher über die Straße bringt.
Und gibt es auch etwas das anstrengend oder schwierig ist?
Anstrengend ist es, wenn die Leute einfach über die Straße laufen. Also wenn sie neben dem Lotsenübergang über die Straße gehen oder ohne zu warten, bis wir die Straße gesichert haben. Gestern hat zum Beispiel eine Mutter ihre Tochter zwischen den Autos über die Straße geschickt. Ich habe sie dann darauf angesprochen, wie gefährlich das ist und dass sie immer den Übergang benutzen sollen. Aber die Leute reagieren dann oft genervt.
Was wünscht ihr euch von den Autofahrern?
Dass sie mehr Rücksicht nehmen auf die Kinder. Dass sie langsam fahren und erst einmal schauen, was da am Übergang passiert, ob da gerade Kinder stehen.
Was motiviert Sie, auch nach so langer Zeit noch zu lotsen?
Seit 20 Jahren, solange es den Lotsenübergang gibt, ist hier kein Kind auf dem Schulweg verletzt worden. Und das soll auch so bleiben!
Hat sich in den zwei Jahrzehnten das Lotsen verändert?
Der Verkehr hat zugenommen und die Leute sind gestresster, immer unter Zeitdruck. Viele Eltern trauen ihren Kindern auch weniger zu und wollen sie bis vor die Tür begleiten. Wir Lotsen sorgen dafür, dass die Kinder, besonders die kleinen, ohne Angst über die Straße gehen können. Das ist heute genauso wichtig wie damals.
Was wünschen Sie sich von den Erwachsenen?
Mit gutem Vorbild voranzugehen! Es nützt nichts, wenn wir den Schülern beibringen, dass sie nur am Lotsenübergang die Straße überqueren sollen, wenn die Erwachsenen einfach wie sie wollen über die Straße gehen. Wir müssen alle an einem Strang ziehen, damit die Kinder sicher in die Schule kommen.