Ein kleines Bändchen in unserem Mund kann große Auswirkungen haben: von Stillproblemen bis Schnarchen. Die Lösung: die richtige Diagnose und ein kleiner Schnitt.
Stillprobleme, unruhige Babies, schnarchende Kleinkinder, die schlecht schlafen, Schwierigkeiten beim Essen oder Sprechen – diese Liste lässt sich beliebig fortsetzen. Die Gründe können vielfältig sein; auch Kinder haben einfach mal Stress oder schlechtere Tage. Dennoch kann es auch eine Ursache geben, der bisher zu wenig Beachtung geschenkt wurde: ein verkürztes (posteriores) Zungenband.
Das Zungenband ist ein dünnes Bändchen aus Bindegewebe, welches jeder Mensch in unterschiedlicher Ausprägung besitzt. Ist es zu kurz, und das lässt sich nicht einfach durch Herausstrecken der Zunge beurteilen, so ist die Beweglichkeit der Zunge (in der Vertikalen) eingeschränkt. Dies kann Ursache für diverse Probleme beim Stillen sowie Koliken, später auch für Schwierigkeiten zum Beispiel in der Gebiss-, Gesichts- und Sprachentwicklung oder gar weitreichender sein.
Mit einem kleinen Schnitt lässt sich das Zungenband leicht korrigieren. Wichtig ist hierbei aber die Diagnose, ob es sich um ein anteriores oder posteriores Zungenband (oder beides) handelt und dass die Durchtrennung korrekt durchgeführt wird. Wird zum Beispiel ein posteriores Zungenband lediglich mit einem kurzen, oberflächlichen Scherenschnitt getrennt (sog. Quick-fix), dann stellt sich auch nach der Behandlung kaum eine Verbesserung ein. Die OP erfolgt sehr schnell. In der Regel ist keine Narkose angebracht. Die Schleimhäute können per Oberflächenanästhesie betäubt werden. Komplikationen (zum Beispiel langanhaltende Blutungen) sind sehr selten. Meist beruhigen sich die Kinder innerhalb weniger Minuten und nach ein paar Tagen ist alles wunderbar verheilt.
Die Wunden müssen Zuhause jedoch von den Eltern mehrmals täglich über mehrere Wochen nach Anleitung gedehnt werden. Zudem ist, je nach Alter und Symptomen, die enge Zusammenarbeit mit Stillberatung, Logopädie, Physiotherapie usw. empfehlenswert. Auch das obere Lippenbändchen (seltener das untere und die Wangenbänder) kann verkürzt sein. Beim Stillen würde sich das durch eine eingeklappte Oberlippe bemerkbar machen, die sich nicht über die Brustwarzen legen kann. Bei den gesamten oralen Restriktionen gilt: eine Behandlung ist nur notwendig, wenn es auch ein Beschwerdebild gibt. Darüber hinaus das Wissen über mögliche Zusammenhänge wichtig, das heißt man muss die Physiologie der Zunge gut kennen sowie die entwicklungsbedingten Folgen bei einer Fehlfunktion. Nicht jeder bringt den unruhigen Schlaf eines Kindes, Schnarchen oder Verdauungsprobleme in Verbindung mit oralen Restriktionen. Genau dies muss zwar nicht, kann aber der Fall sein.