Ob nach Rom im Schlafwagen, zum Strand nach Rimini oder auf Harry Potters Spuren nach London: Zugreisen bieten Familien eine entspannte, klimafreundliche und oft überraschend günstige Alternative zu Auto und Flugzeug. Verena Riehl berichtet aus eigener Erfahrung und gibt praktische Tipps für Planung, Buchung und kindgerechtes Reisen mit der Bahn – inklusive Ideen für euren nächsten Familien-Bahnurlaub.
Dieser Bericht ist in Teilen im Zug entstanden. Was Pendler:innen und Geschäftsreisende am Zug schätzen - dass man die Reisezeit im Zug vielfältig nutzen kann - gilt ganz besonders auch für das Verreisen mit Kindern auf der Schiene. Kinder lieben Zugfahren, denn im Zug kann man sich freier bewegen und es gibt für die Kleinen viele Möglichkeiten zum Entdecken und zum Zeitvertreib. Dazu kommt, dass viele Kinder, die im Auto und Bus reisekrank werden, beim Zugfahren keine Probleme haben. Weil Kinder bis einschließlich 14 Jahren kostenlos mit einem zahlenden Erwachsenen mitfahren können, kann eine Reise mit der Bahn - besonders wenn zusätzlich ein Sparpreis genutzt wird - auch sehr günstig sein. In dieser Hinsicht ist die Deutsche Bahn übrigens besonders kinderfreundlich. In den meisten anderen europäischen Ländern zahlen Kinder bereits ab 4 oder 6 Jahren einen reduzierten Ticketpreis von 50 bis 70 Prozent.
Die Österreichische Bundesbahn (ÖBB) hat in den letzten Jahren mit ihren „Nightjets“ den von der DB stillgelegten Nachtzügen neues Leben eingehaucht. Und trifft damit offenbar einen Nerv. So ersetzt sie die in die Jahre gekommen Zuggarnituren durch moderne, komplett neu gestaltete Schlaf- und Liegewagen und baut die Verbindungen aus. Auch andere Bahnen bieten Nachtzugverbindungen an, die im Bahnportal als „Euronight“ bezeichnet werden. Von München aus kommt man im „Nachtsprung“ zum Beispiel nach Amsterdam, Rom oder Warschau. Einige Tipps speziell für die Fahrt mit dem Nachtzug gibt’s weiter unten im Text.
Es muss jedoch keineswegs immer der Nachtzug sein, um Europa mit dem Zug zu bereisen. Viele Städte sind mit dem Zug schneller zu erreichen, als gedacht: Regensburg – Paris: 7:30 Stunden. Regensburg – Venedig: 8:30 Stunden. Regensburg – London: 11 Stunden.
Falls ihr nun Lust bekommen habt, eure nächste Reise mit dem Zug zu unternehmen, gibt es im Folgenden einige Empfehlungen für die Planung, Vorbereitung und die Reise selbst und im Anschluss daran drei konkrete Vorschläge für Reiseziele mit dem Zug.
Tipps und Empfehlungen für das Reisen mit dem Zug:
1. Auswahl des Zielorts und der optimalen Route
Nicht jeder Zielort ist per Bahn gleich gut erschlossen. Mit viel Gepäck und kleinen Kindern ist jeder Umstieg anstrengend und birgt das Risiko, den Anschluss zu verpassen. Es empfiehlt sich daher, von vornherein einen Zielort zu wählen, der nahe an einem Bahnhof und mit wenigen Umstiegen erreichbar ist. Alternativ können auch Taxis oder ein Mietwagen eine sinnvolle Ergänzung darstellen, die es an vielen größeren Bahnhöfen gibt. Denkt daran, dass ihr vor Ort einen Kindersitz benötigt!

2. Früh buchen und Sparpreise und Reservierungen sichern
Spontane Fahrten im Fernverkehr können teuer werden. Wesentlich günstiger kommt davon, wer frühzeitig buchen und Sparpreise oder andere Sonderaktionen nutzen kann. Hochgeschwindigkeits- und Fernzüge in den Nachbarländern sind teilweise reservierungspflichtig und zu Hauptreisezeiten bereits im Voraus ausgebucht. Besonders die Kleinkindabteile und Familienbereiche (laut DB für Familien mit Kindern im Kindergarten- bis Grundschulalter) im ICE sind in den (Sommer-)Ferien sehr schnell weg.
Noch eine Bemerkung zur Sitzplatzreservierung bei der DB: Als dieser Bericht entstanden ist, kündigte die DB an, dass die sogenannte Familienreservierung wegfällt und künftig für jede reisende Person eine Reservierung gebucht werden muss, was die Kosten für Reisende mit Kindern deutlich erhöht. Kritik an dieser familienfeindlichen Entscheidung kam von allen politischen Parteien und es gab eine Petition des VCD und anderer Verbände. Sitzplatzreservierungen sind für Familien auf längeren Strecken unverzichtbar.Hoffentlich nimmt die Bahn diese Entscheidung wieder zurück!
3. Mut zur Lücke
Die schnellste Verbindung ist nicht immer die entspannteste. Für den Umstieg mit Kind, Koffern und Kinderwagen sollte man lieber mehr Zeit einplanen. Auch als Puffer, falls es unterwegs zu Verspätungen kommt. Ein etwas längeren Aufenthalt an einem Bahnhof ist für die Kinder eine gute Abwechslung zum langen Sitzen und Gelegenheit für Bewegung zwischendurch.

4. Genug essen, Spiele und Unterhaltung einpacken
Das erklärt sich von selbst. Erlaubt ist, was die Laune aller Reisenden im grünen Bereich hält. Reisetage sind bei uns Ausnahmetage, an denen beim Medien- und / oder Süßigkeitenkonsum auch mal über die Stränge geschlagen werden darf.
Besonders reizvoll ist neues Spielzeug oder Spielzeug das nur auf Reisen hervorgeholt wird. Für die älteren Kinder leistet ggf. ein Tablet mit heruntergeladenen (ausgesuchten) Filmen oder (Lern-Apps) gute Dienste – denkt unbedingt an einen bequemen, lautstärkebegrenzten Kinder-Kopfhörer! Bei uns funktioniert auch prima ein MP3-Player mit Hörspielen. Auch Klassiker wie „Ich sehe was, was du nicht siehst“, „Ich packe meinen Koffer“, „Stadt Land Fluss“ oder „Oma plätschert lustig in der Badewanne“ gehen eigentlich immer.

Drei Vorschläge für den nächsten Familien-Bahnurlaub
Wo könnte es für euch in eurem nächsten Familienurlaub hingehen? Hier kommen drei Vorschläge.
1Badeurlaub an der italienischen Adria
Von München aus geht es mehrmals täglich über die Alpen nach Bologna, Verona und teilweise direkt bis Venedig. Innerhalb Italiens betreibt die italienische Staatsbahn Trenitalia ein zuverlässig funktionierendes Zugsystem bis zur Stiefelspitze. In der Hauptferienzeit bis zum 5. Oktober 2025 ergänzt die DB dieses Angebot in Kooperation mit der ÖBB durch Züge, die direkt nach Rimini und andere beliebte Badeorte an der Adriaküste der Romagna fahren. Ab 2026 kooperiert die DB zudem mit ÖBB und Trenitalia und plant weitere Direktverbindungen von München nach Mailand und Rom.
Besonders in den Sommer- und Ferienzeiten empfiehlt sich Richtung Italien unbedingt eine frühzeitige Buchung und Sitzplatzreservierung, weil die Direktzüge sehr stark ausgelastet sind. Die günstige Kindermitnahme-Regelung der Deutschen Bahn gilt dafür für alle Reiseabschnitte, die in Deutschland starten.
2Im Nachtzug nach Italien
Bei der Reiseplanung mit dem Nachtzug sollte man darauf achten, dass die Abfahrts- und Ankunftszeiten einigermaßen „kinderfreundlich“ sind und vermeiden, dass es erst kurz vor Mitternacht losgeht oder man im ersten Morgengrauen aussteigen muss. Die Zeiten des Nachtzugs München - Rom sind in dieser Hinsicht optimal: Abfahrt in München kurz nach 20 Uhr, Ankunft in Rom um 10 Uhr.
Es gibt drei Kategorien im Nachtzug: Auf keinen Fall sollte man den Sitzwagen buchen, der praktisch wie ein normaler Zugwaggon ist. Der Schlafwagen ist die höchste Komfortkategorie und verfügt teilweise über eine eigene WC- und Duschmöglichkeit. Bei den Liegeabteilen befindet sich das WC im Wagen. In beiden Kategorien ist ein Frühstück inklusive. Für Familien eignen sich Privatabteile, die es als 2er oder 3er Abteile im Schlafwagen oder als 4er oder 6er Liegewagen-Abteile gibt Die Abteile im Schlaf- und Liegewagen sind sehr schnell „weg“. Also heißt es frühzeitig buchen - möglich ist dies bei der ÖBB max. 180 Tage vor Fahrtantritt.
Die Abteile im Nachtzug - egal ob alte oder neue Generation - sind sehr, sehr platzoptimiert designt. Dies sollte man bereits beim Kofferpacken berücksichtigen und alle Dinge, die man für die Nacht braucht - Toilettenartikel, Wechselwäsche etc. - in einem extra Rucksack oder einer kleinen Reisetasche packen, welche man gut verstauen kann. Sperrige Koffer können zum Beispiel unter den Plätzen verstaut werden, sind aber während der Reise nicht immer zugänglich. Daher empfiehlt es sich für den Kinderwagen oder Buggy ein Fahrradschloss dabei zu haben, um diesen bei Bedarf außerhalb des Abteils oder im Fahrradwagen abstellen zu können.
Einfach über Nacht fahren und ausgeruht am Ferienort ankommen. So lautet zumindest das Werbeversprechen der ÖBB Nightjets. Ein vollwertiger Ersatz zu einem Hotelzimmer ist es nicht, dessen sollte man sich auf jeden Fall bewusst sein. Die Liegen sind relativ schmal und kurz und nicht allzu weich. Auch das Ruckeln und die Geräuschkulisse lassen nicht jede oder jeden gleichermaßen gut schlafen. Für diesen Fall sollte man auf jeden Fall mit Ohrstöpseln und Unterhaltungsmöglichkeiten (Tablet / Smartphone / MP3-Player plus Kopfhörer) für die Nacht vorsorgen.
Ob sich eine Reise im Nachtzug für euch eignet, hängt also von euren individuellen Schlafbedürfnissen und denen eurer Kinder ab. Für den Ankunftstag sollte man sich sicherheitshalber nicht allzu viel vornehmen und lieber einen ruhigen Tag zum Beispiel am Strand oder Pool einplanen. Je nach Ankunftszeit solltet ihr zudem mit der Unterkunft falls möglich einen frühzeitigen Check-In vereinbaren.
3Mit dem Eurostar nach London
Auf den Spuren von Harry Potter, Paddington Bear und Sherlock Holmes durch die Metropole an der Themse wandeln? Wer mit dem Zug anreist, kann direkt am Bahnhof mit dem Sightseeing loslegen. Denn am Bahnhof King’s Cross / St. Pancras liegt auch das berühmte Gleis 9 3/4 - zumindest als Fotokulisse vor dem Harry Potter-Merchandising-Shop. Der Bahnhof selbst ist auch sehenswert.
Von Regensburg aus geht es zum Beispiel über Frankfurt nach Brüssel und von dort mit dem Eurostar nach London - in gut 11 - 11:30 Stunden machbar, wenn die Züge pünktlich sind. In Brüssel muss man für den Umstieg (ebenso für die Rückfahrt in London) für die Sicherheits- und Grenzkontrollen deutlich mehr Zeit einplanen.Ähnlich wie am Flughafen sollte man rechtzeitig vorher am Gate sein, bevor der Zug abfährt.
Der Eurostar ist reservierungspflichtig. Sollte man den gebuchten Zug verpassen, kann bis 1 Stunde vor Abfahrt kostenlos umgebucht werden, aber eine Mitfahrt im nächsten Zug ist nicht garantiert. Wir haben daher auf der Hinreise eine Zwischen-Übernachtung in Brüssel eingelegt und den Nachmittag für einen Bummel in der belgischen Hauptstadt genutzt. Am nächsten Morgen sind wir mit einem frühen Zug nach London weitergereist. Durch die Stunde Zeitverschiebung fühlt sich die zweistündige Fahrt noch „kürzer“ an und man kann den Nachmittag für erste Unternehmungen nutzen.
Kinder unter 4 Jahren brauchen im Eurostar kein Ticket - haben aber keinen Anspruch auf einen eigenen Sitzplatz. Tickets für Kinder zwischen 4 und 11 Jahren sind je nach Reisezeitraum um 30%-50% ermäßigt. Ein Kinderwagen kann zusätzlich zum sonstigen Freigepäck kostenlos mitgenommen werden. Alle Züge verfügen über Wickeltische.
Gute Fahrt!