Verena Riehl, Sophia Eichinger und Michael Straube von den Regensburger Eltern sprachen mit Oliver Nowak über seine Ziele im Amt und die aktuellen Herausforderungen in der Tagesbetreuung in Regensburg.
Zum 1. Oktober hat Oliver Nowak die Leitung des Amts für Tagesbetreuung von Kindern bei der Stadt Regensburg übernommen. Der 29-jährige stammt aus der Nähe von München und studierte Kindheitspädagogik an der Katholischen Universität Eichstätt. Bereits während des Studiums sammelte er praktische Erfahrungen als Drittkraft in der Kinderbetreuung und im Jugendamt. Parallel zu seinem Masterstudium im Bereich Sozialmanagement in Nürnberg, war Nowak als Fachaufsicht und Fachberater beim Landkreis Eichstätt tätig, wo er sowohl kommunale als auch freie Träger betreute. Nach seinem Wechsel nach Regensburg war Nowak stellvertretende Einrichtungsleitung bei den Johannitern, bevor er die Fachaufsicht für die Freien Träger bei der Stadt Regensburg übernahm – eine Position, in der er auch die Regensburger Eltern kennenlernte.
Was reizt Sie an Ihrer neuen Position?
Oliver Nowak: Während meines Studiums wurde mir klar, dass ich durch die praktische Arbeit viel zur Qualitätssteigerung in der Tagesbetreuung beitragen kann – jedoch immer nur punktuell in einer einzelnen Einrichtung. Bei mir entstand der Wunsch, dies auf eine größere Ebene zu heben und die Qualität und die pädagogische Arbeit in vielen Tageseinrichtungen gleichzeitig voranzubringen. Ein erster Schritt war die Tätigkeit als Fachberater und Fachaufsicht, in der ich verantwortlich war für die Qualität in mehreren Einrichtungen. In der Position als Amtsleiter bei der Stadt Regensburg sah ich dann die Chance, diesen Einfluss weiter auszudehnen, um die Qualitätsentwicklung noch umfassender voranzutreiben. Und das durch meine Funktion vielleicht auch auf Landesebene weiterzugeben.
Ihre Vorgängerin Frau Hartl-Grötsch hat während ihrer Amtszeit viel geschafft, dennoch gibt es im Bereich der Kinderbetreuung weiterhin viel zu schaffen. Wo sehen Sie die wichtigsten Baustellen und was sind Schwerpunkte, die Sie in der Position setzen möchten?
Frau Hartl-Grötsch hat in diesem Amt in den letzten Jahren eine unglaubliche Leistung vollbracht. Dort möchte ich anknüpfen und diese gute Basis weiter voranbringen. In den nächsten Jahren sehe ich die Schwerpunkte vor allem in zwei Bereichen: der Digitalisierung und der Inklusion. Die Digitalisierung in den Kitas soll auf allen Ebenen vorangetrieben werden, um moderne Strukturen zu schaffen und Verwaltungsprozesse zu vereinfachen. So können sich die Fachkräfte wieder mehr auf die pädagogische Arbeit konzentrieren. Einen ersten Schritt haben wir bei der Stadt Regensburg mit der Einführung einer Kita App jetzt gemacht. Ich sehe hier künftig noch viel Potenzial. Ein weiterer zentraler Punkt ist die Inklusion in ihrer gesamten Bandbreite – soziale, kulturelle und die von Menschen mit Behinderung. Hier möchte ich sowohl die Fachkenntnisse als auch die Strukturen weiterentwickeln, um inklusives Arbeiten in der Kindertagesbetreuung noch besser zu unterstützen.
Zu Beginn des Kindergartenjahres im September vermeldete die Stadt, dass allen Kindern mit Betreuungsanspruch ein Platz angeboten werden konnte, wenn auch oft nicht der Wunschplatz. Vor zwei Jahren gab es noch einen riesigen Mangel. Wie ist es gelungen, die Lücke zu schließen? Und werden der Ausbau an Betreuungsplätzen und insbesondere auch der Neubau von Einrichtungen dennoch weiter vorangetrieben?
Durch den massiven Ausbau in den letzten Jahren konnten wir die Lücke schließen. Zum Beispiel durch die Eröffnung von großen Häusern in der Guericke-Straße und dem Weinweg und vielen anderen in den letzten Jahren. Bei bestehenden Einrichtungen haben wir geschaut, wie wir die Kapazitäten erhöhen können. Trotzdem ist das System auf Kante genäht. Wir haben keinen Überhang, wir müssen weiter ausbauen. Aktuell sind rund 34 neue Baumaßnahmen in Planung, sowohl in freier als auch in städtischer Trägerschaft, und die brauchen wir dringend, um auch in Zukunft genügend Betreuungsplätze anbieten zu können.
Das heißt, es werden keine Abstriche gemacht beim Ausbau?
Nein. Nur weil wir den Rechtsanspruch derzeit erfüllen konnten und alle Kinder untergebracht wurden, heißt das nicht, dass wir Baumaßnahmen stoppen. Wir planen ganz normal weiter. Ab 2026 kommt der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter und allein deshalb können wir es uns gar nicht leisten, den Ausbau zu stoppen.
Lange Zeit stand der Ausbau der Betreuungsplätze im Vordergrund. Wie wollen Sie die Qualität sichern bzw. weiter verbessern?
Auch beim Ausbau haben wir die Qualitätsstandards nicht aus den Augen verloren. Gerade wenn eine neue Einrichtung eröffnet wird, werden viele Qualitätsaspekte geprüft. Nun werden wir die pädagogische Arbeit direkt vor Ort wieder verstärkt in den Blick nehmen. Mein Fokus liegt darauf, die Einrichtungsleitungen zu entlasten, weil die Kompetenz und die pädagogische Qualität aus meiner Sicht bereits vor Ort vorhanden sind, aber oft durch andere Aufgaben und besonders Verwaltungsaufgaben, etwas in den Hintergrund rücken. Durch das System des „Personalbonus“ können wir Verwaltungskräfte und Assistenzkräfte in die Einrichtungen schicken, um gezielt die Leitungen zu entlasten, damit sie wieder mehr Kapazitäten haben, die pädagogischen Konzepte weiterzuentwickeln und die Qualität zu verbessern.
Aus Ihrer Zeit als Fachaufsicht für die freien Träger kennen Sie die Regensburger Eltern bereits sehr gut. Welchen Stellenwert hat für Sie die Zusammenarbeit mit den freien Trägern?
Ohne die freien Träger geht es nicht. Die Zusammenarbeit und Kommunikation auf Augenhöhe mit ihnen ist einer der wichtigsten Aspekte meiner Arbeit. Die freien Träger bringen eine Vielfalt in die Betreuungslandschaft, die die Stadt allein so nicht bieten könnte. Diese Vielfalt ist auf jeder Ebene eine Bereicherung. Die Zusammenarbeit mit den freien Trägern hat – und das galt auch in der Vergangenheit – einen sehr hohen Stellenwert. Ohne sie würde es in der Stadt Regensburg nicht funktionieren.
Freie Träger genauso wie auch die Stadt Regensburg müssen mit dem Fachkräftemangel umgehen. Die Stadt zahlt seit 2019 Fachkräften in den Einrichtungen der Kindertagesbetreuung eine Arbeitsmarktzulage in Höhe von bis zu 400 Euro. Im Stadtrat wurde diese Maßnahme evaluiert und für weitere fünf Jahre verlängert. Wie bewerten Sie die Arbeitsmarktzulage, auch im Bezug auf die Zusammenarbeit mit den freien Trägern?
Die Arbeitsmarktzulage sehe ich, rein personalwirtschaftlich betrachtet, als eine übliche Maßnahme, wie sie in vielen anderen Branchen auch existiert, um dem Personalmangel entgegenzuwirken, indem man Anreize bietet. In Bezug auf die Zusammenarbeit mit den freien Trägern verstehe ich aber die Brisanz des Themas. In einer Gesprächsrunde mit den freien Trägern zur Finanzierung haben wir uns darauf geeinigt, den Fokus weniger auf die Zulage zu legen und stattdessen die freiwilligen Zuschüsse der Stadt anzupassen, um mehr finanzielle Mittel für die freien Träger bereitzustellen. Dieses Thema wird in der nächsten Jugendhilfeausschusssitzung besprochen.
Dazu möchte ich noch anmerken, dass ich grundsätzlich der Meinung bin, dass das System Kindertagesbetreuung finanziell besser aufgestellt werden muss. Auch das Land Bayern muss hier mehr finanzielle Mittel bereitstellen, um die Kommunen und freien Träger zu unterstützen. In meiner Funktion werde ich mich dabei, soweit mir das möglich ist, auch einbringen. Das Geld soll dann nicht nur der Kommune zugutekommen, sondern auch 1:1 an die freien Träger weitergegeben werden. Für mich steht außer Frage, dass die finanziellen Bedürfnisse der freien Träger genauso berücksichtigt werden müssen.
Sie haben viel vor und wollen einiges bewirken. Die Mühlen der Verwaltung mahlen ja oft langsam. Sehen Sie Möglichkeiten, „Abkürzungen“ zu gehen oder „Schlupflöcher“ zu finden, um Ihre Ziele zu erreichen?
Meine Erfahrung zeigt, dass man Barrieren oder langsame Prozesse oft schneller überwinden kann, wenn man alle Beteiligten an einen Tisch holt und den gemeinsamen Nenner findet, um dem Ziel näherzukommen. Je früher man in diesen Prozess einsteigt, desto schneller kommt man ans Ziel. Natürlich wird das nicht immer reibungslos laufen. Aber ich denke, es gibt einen Spielraum, der im rechtlichen Rahmen liegt – und diesen werde ich definitiv nutzen, um meine Ziele zu erreichen. Neue Gesetze auf Landes- oder Bundesebene sollen darauf abzielen, Bürokratie abzubauen und auch diese Möglichkeiten werde ich voll ausschöpfen, um Hemmnisse abzubauen.
Letzte Frage: Gibt es auch ein „Schlupfloch“ für die Sanierung des Stadtpark Kindergartens?
Auch ich finde den Prozess zur Sanierung des Stadtpark Kindergartens sehr frustrierend. Zum aktuellen Stand kann ich leider wenig sagen, da ich nicht mehr in den Gesprächen dabei bin, nachdem die Zuständigkeit wieder zur Stadt zurückgegangen ist. Dennoch ist es mir wichtig, dass wir hier im Sinne aller Beteiligten vorankommen. Ich hoffe, dass die Sanierung bis Ende 2026 umgesetzt ist, und ich werde an den nötigen Stellen Druck machen, falls es zu Verzögerungen kommt. Es kann einfach nicht sein, dass sich das schon seit so vielen Jahren hinzieht.