Starke Kinder brauchen ein starkes Umfeld: Bei der Teamfortbildung der Regensburger Eltern stand der Schutz vor sexuellem Missbrauch im Mittelpunkt. Mit dem Präventionsprogramm „Starke Kinder Kiste“ lernen Fachkräfte, Kinder frühzeitig zu stärken und wirksame Hilfen zu bieten.
Fortbildungstag ein. In entspannter Atmosphäre und im kollegialen Austausch werden wir dann zu Themen geschult, die die Arbeit und das Konzept der Regensburger Eltern prägen.
Im Herbst 2024 ging es um den Schutz unserer Kinder vor sexuellem Missbrauch – ein sehr sensibles und unglaublich wichtiges Thema für alle die an und mit Kindern arbeiten!
Vorgestellt wurde in diesem Rahmen das Projekt „Starke Kinder Kiste“ - ein Präventionsprogramm der Stiftung Hänsel + Gretel in Kooperation mit dem PETZE-Institut für Gewaltprävention, das fortan auch in unseren Einrichtungen umgesetzt werden soll. Hierüber klärten uns Aylin Gosemann und Elke Lermer vom Kinderschutzbund Regenburg auf, der Kooperationspartner für das Projekt „Starke Kinder Kiste“ in der Region ist. Als weitere Dozentin war Eva Piplack, Insofern-erfahrene-Fachkraft bei der Beratungsstelle der Katholischen Jugendfürsorge eingeladen.

Ulrike Hecht, Trägervertreterin der Regenburger Eltern eröffnete den Tag mit den Worten: „Wir wollen heute ein Bewusstsein schaffen: Das was ihr (als pädagogische Fachkräfte) macht, hat eine Bedeutung; wie ihr mit den Kindern redet, welche Entscheidungen ihr ihnen zugesteht.“ Dem stimmte Frau Piplack zu. Unsere Haltung und Wortwahl gegenüber den Kindern seien extrem wichtig. Sie will den Kindern eine Stimme geben. Denn die Signale, die sie senden, sind oft nicht eindeutig oder werden nicht gesehen. Und so setzten wir uns zunächst mit der Frage auseinander, wie wir reagieren oder auch einschätzen sollen, was uns ein Kind im Alltag anvertraut. Und wie können wir die Kinder unserer Einrichtungen stärken, um sie vor sexuellen Übergriffen zu schützen beziehungsweise diese im Zweifelsfall bestmöglich begleiten.
Augen und Ohren offenhalten
Dabei ist zunächst wichtig zu wissen, dass statistisch gesehen jedes vierte bis fünfte Mädchen und jeder neunte bis 14. Junge unter 16 Jahren im Verlauf von Kindheit und Jugend sexuellen Missbrauch erlebt. Das sind bis zu zwei betroffene Kinder pro Schulklasse! Die Täter:innen sind ganz „normale“ Menschen, soll heißen, dass man es ihnen nicht ansieht, und kommen aus jeder sozialen und Altersschicht. Es gibt also keine Einrichtung, die vor solchen Fällen geschützt ist und damit müssen wir alle die Augen und Ohren offenhalten.
Unsere Aufgabe ist es außerdem präventiv die allgemeinen Risikofaktoren zu minimieren. Dazu zählen unter anderem ein mangelndes Wissen sowie ein unklares Körpergefühl. Und genau hier setzt die Starke Kinder Kiste an: Kinder werden altersentsprechend in ihrem Körperbewusstsein gestärkt und erfahren, dass es gute und schlechte Berührungen sowie gute und schlechte Geheimnisse gibt. Wenn sich etwas nicht richtig anfühlt, darf ich meinen Gefühlen vertrauen und NEIN! sagen. Außerdem darf man sich Hilfe holen, wenn man etwas nicht alleine schafft. So sollen die Kinder lernen, falsches Verhalten schneller als solches zu erkennen und zu benennen. Die Kinder erfahren außerdem in ihrer Kita ein aufmerksames Umfeld, dem sie sich anvertrauen und in dem sie sich Hilfe holen können.

Sollten dann tatsächlich Verdachtsmomente aufkommen, die durchaus nicht immer gleich eindeutig sind, ist es auch für uns wichtig zu wissen: Auch wir dürfen uns Unterstützung holen und stehen nicht alleine da. Wichtig ist es einfach immer zu handeln und kein Kind alleine zu lassen, nur weil man sich unsicher ist! Für Kinder nämlich ist es unglaublich schwer sich überhaupt zu öffnen. Ihre Hilferufe werden nicht selten abgetan und sie müssen sich durchschnittlich bis zu sieben Personen anvertrauen, bis ihnen endlich geholfen wird. Der Leidensweg ist im Vorfeld dann schon viel zu lang.
Wie so ein Hilfeprozess aussehen könnte, durften wir dann in einer praktischen Übung nachspielen: Mehrere Teilnehmer haben sich hierzu in einem Kreis versammelt. Ihnen wurden Rollen zugewiesen: die des Vaters, der Mutter, der Erzieherin, des Jugendamtes und so weiter. In der Mitte des Kreises stand symbolisch ein Stuhl für das betroffene Kind. Nun wurde ein Faden gespannt. Ausgehend von der Erzieherin des betroffenen Kindes wurden nach und nach die Eltern sowie die verschiedenen Institutionen miteingebunden und so ein Hilfenetz gespannt. Wichtig dabei war zu erkennen: Es gibt hier nicht den einen/richtigen Weg, sondern immer individuelle Lösungen. Außerdem sind solche Situationen (zum Glück!) nicht alltäglich und können auch uns als Fachkräfte wie eine Lawine überrollen. Deswegen hat auch jede Einrichtung ein Schutzkonzept, in welchem ganz klar beschrieben wird, an wen man sich in welchen Momenten wenden kann. Wichtig bei allem ist, das betroffene Kind nicht aus dem Auge zu verlieren. Der Faden muss also immer wieder zum Kind zurückgespannt werden, denn darum geht es schließlich: um unsere Kinder.
