Großeltern, Institutionen und Organisationen

Omas beste Klimarezepte: Soziales Jahr

von Barbara Eberhardt

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Die Forderungen nach einem verpflichteten eines „Gemeinwohljahres“ für junge Menschen werden lauter. Was im ersten Moment wie eine Einschränkung der persönlichen Freiheit aussehen mag, birgt viel Potential.

Das Echo auf den Vorschlag von einem verpflichtenden Sozialen Jahr am Ende der Schulzeit, den u.a. auch der Bundespräsident machte, ist geteilt: die Einen sehen darin eine unzulässige Freiheitsbeschränkung junger Menschen, die ja schon in den letzten drei Corona-Jahren auf viel verzichten mussten, und jetzt aufgrund der Energiesparmaßnahmen vielleicht auch wieder zu der Gruppe zählen, die Opfer bringen soll (es ist ja schon wieder die Rede von kalten Hörsälen, Klassenzimmern etc). Soll also genau wieder diese Generation die Leidtragende sein und ein Pflichtjahr aufgebrummt bekommen? Einerseits hat sie keine Möglichkeit zur Mitbestimmung (kein Wahlrecht) über ihre Zukunft, die sie wohl zu Recht pessimistisch sieht (Fridays For Future und Letzte Generation artikulieren diese Zukunftsängste immer verzweifelter). Andererseits geht gerade an sie nun der Appell, etwas für die Gemeinschaft zu tun, mit einem „geopferten“ Gemeinwohljahr Solidarität zu zeigen, mit der älteren Generation, die ihrerseits von Pflegenotstand und Altersarmut bedroht ist.

Mit einer solchen Argumentation kann man erfolgreich Generationen gegeneinander ausspielen, aber das Ziel einer solidarischen Gesellschaft, in der alle an einem Strang ziehen und keiner zurückgelassen wird, erreicht man so sicher nicht. Es gibt nun einmal derzeit viele Aufgaben in unserer Gesellschaft, die auch unser hochentwickelter Wohlfahrtsstaat nicht allein bewältigen kann, personell und finanziell. Wo wir alle wieder, gemeinsam, anpacken müssen: Es fängt bei den Tafeln an, die händeringend Mitarbeiter suchen, ebenso wie die Pflegeheime, Krankenhäuser, Sanitätsdienste, bis hin zu den Schulen, die aufgrund des Lehrermangels und übervoller Klassen keine wirkliche Förderung der Schwachen mehr leisten können und eher Mangelverwaltung betreiben müssen.

Das alles ist nun natürlich eine Aufgabe des Staates, aber in Krisenzeiten muss man eben dessen (finanzielle) Grenzen erkennen und überlegen, wie man hier, aus einer Grundsolidarität heraus, aus einem Wir-Gefühl heraus, Lösungen finden kann. Präsident Kennedy forderte vor Jahrzehnten dazu auf, nicht zu fragen, was der Staat für dich tun kann, sondern umgekehrt: Was kannst du für den Staat tun?

Wie aber kann so ein Gemeinschaftsgefühl entstehen ? Es gibt Gesellschaften, Japan z.B., wo das von Kindesbeinen an offensichtlich antrainiert wird. In unserer, eher individualistisch orientierten Gesellschaft, klappt das anscheinend nicht und es muss erlernt werden. Rücksicht auf andere nehmen, das lernt man automatisch, wenn man „in die Schuhe des Anderen schlüpft“, wie es die Indianer formulierten. Dann versteht man dessen Probleme und handelt entsprechend.

Und genau hier läge der Vorteil so eines „Gemeinwohljahres“: nach der Schulzeit, nach viel theoretischem Input, käme ein junger Mensch ins praktische Leben hinein, je nach Eignung und Interesse könnte er dort einerseits selbst wichtige Erfahrungen sammeln, die ihm vielleicht auch bei der beruflichen Orientierung helfen, aber andererseits auch der Gesellschaft, den Pflegebedürftigen, den Flüchtlingskindern, evtl. auch den Mitarbeitern der Stadt (Straßenreinigung, Gartenamt) einen Dienst erweisen. Und wenn man etwas Sinnvolles tun kann, in welchem Bereich auch immer, ist das doch immer ein positives Erlebnis. Und für die spätere Rente sollte das Jahr natürlich auch angerechnet werden, das müsste die Politik regeln.

Und wer sagt denn, dass junge Leute nicht Lust dazu haben? Nach der Schule höre ich viele von Pause, vom „Lückenjahr“, reden, davon, dass sie mal ganz was Anderes machen wollen. Vielleicht sollte man hier mal die Meinung der jungen Leute abfragen. Auf jeden Fall sollte man den Vorschlag diskutieren.

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